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Gabriela Suter: Drei Vorschläge, um die explodierenden Strompreise zu stoppen

Die Stromrechnung könne schnell fast gleich teuer werden wie die Wohnungsmiete. Davor warnte der Energie-Investor Roland Dörig in einem Interview. Die Aargauer SP-Nationalrätin Gabriela Suter sagt in einem Gastbeitrag, wer ihrer Ansicht nach daran Schuld ist und was der Staat jetzt tun könne.

Im August werden die Strompreise fürs nächste Jahr bekannt gegeben. Der Verband Aargauischer Stromversorger geht davon aus, dass der Strom ab 2023 5–7 Rappen mehr pro Kilowattstunde kostet. Das ist eine Preissteigerung von bis zu 30 Prozent! Bei einem Durchschnittshaushalt macht das schnell einmal 250.–/Jahr Mehrkosten aus, bei Haushalten mit Wärmepumpen mindestens das Doppelte.

Mit der Verteuerung des Stroms wird aber nicht nur die Stromrechnung höher. Auch Produkte werden teurer, denn Unternehmen geben die höheren Stromkosten an ihre Kund*innen weiter. Als Bezügerin von regional produziertem Strom aus Wasserkraft und Photovoltaik fragt man sich: Wie kommt es, dass die Strompreise durch die Decke gehen, obwohl die Kosten für die Stromproduktion in der Region kaum gestiegen sind?

Dies hat mit der Funktionsweise des liberalisierten europäischen Strommarkts zu tun, an dem auch Aargauer Stromunternehmen Strom kaufen und verkaufen.

Die Mehrheit der Aargauer Energieversorger produziert nicht selbst, sondern hat langfristige Lieferverträge und kauft am Strommarkt ein. Dort wird der Preis bestimmt durch das Gebot des teuersten Kraftwerks, das nötig ist, um den Strombedarf zu einem bestimmten Zeitpunkt zu decken. Am teuersten sind momentan die Gaskraftwerke, weil Putin Gas zurückhält und es so künstlich verknappt.

Das geschilderte Preisbildungssystem – das Prinzip der «Merit Order» — führt dazu, dass auch alle anderen Stromproduzenten den hohen Preis des Gaskraftwerkstroms verrechnen können, auch wenn sie zu tieferen Gestehungskosten produzieren.

Reine Produzenten wie die Axpo sowie Stromversorger mit Eigenproduktion, die ihren Strom am Markt verkaufen und auf relativ günstige Energiequellen wie alte Wasserkraftwerke und abgeschriebene AKW bauen können, werden deshalb in den kommenden Jahren riesige Krisengewinne, sogenannte Windfall-Gewinne, erzielen – dies auf Kosten von uns Strombezüger*innen, die diese Gewinne über hohe Stromrechnungen und verteuerte Produkte werden finanzieren müssen.

Eine Reform der europäischen Strombörse ist in absehbarer Zeit unrealistisch. Wie können die Konsument*innen sonst geschützt werden?

Ich sehe drei Möglichkeiten.

– Am effektivsten wäre es, wenn die EU europaweit den Gaspreis deckeln würde. Das hätte direkt auch einen dämpfenden Effekt auf die Strompreise.

– Die Schweiz kann aber auch selbst handeln. Die Windfall-Gewinne könnten mit einer Sondersteuer abgeschöpft und über Unterstützungsmassnahmen an Haushalte und Unternehmen zurückverteilt werden.

– Als dritte Möglichkeit könnte der Staat dafür sorgen, dass Windfall-Gewinne gar nicht erst entstehen. Er könnte sicherstellen, dass die Energieversorger ihren selbst produzierten Strom nicht am Markt verkaufen, sondern ihren Endkund*innen zu Gestehungskosten liefern. Zudem könnte er direkt in die Preissetzung eingreifen und den Preis des am Markt beschafften Stroms deckeln.

All diese Massnahmen würden insbesondere Haushalte mit tiefen Einkommen und die stromintensive Industrie spürbar entlastet.

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