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Der Ständerat ist auf dem Holzweg: Internationale Sicherheit braucht die Entwicklungshilfe

Die Erhöhung des Armeebudgets und die Entwicklungszusammenarbeit dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Die aktuelle Debatte schadet dem Ruf der Schweiz.

Die Debatte und die Entscheide des Ständerates in der Sommersession zur erheblichen Erhöhung des künftigen Finanzrahmens für die Armee hinterlassen einen zwiespältigen Eindruck.

Auf der einen Seite ist der Bedarf der Armee zur Bereitstellung und Erneuerung der materiellen Bereitschaft wichtig und soll angesichts der geopolitischen Lage auch möglichst zeitnahe erfolgen. Die angestrebte Verteidigungsfähigkeit ist damit noch keineswegs erreicht. Dazu sind politische Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Fähigkeitsaufbau mit den erworbenen Rüstungsgütern auch ermöglichen, zumal dies in Schlüsselbereichen wie Luftverteidigung, Raketenabwehr oder auch Verbandsausbildung nur in Kooperation möglich sein wird.

Auf der anderen Seite blieb von aussen der Eindruck haften, dass die Verteidigungsausgaben gegen die Entwicklungszusammenarbeit ausgespielt worden sind. Der schon fast reflexartige Rückgriff auf die internationale Zusammenarbeit ist sehr bedauerlich, wenn nicht störend. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass der bisher vergleichsweise bescheidene Beitrag der Schweiz zur Hilfe an die Ukraine mehrheitlich auch aus der Entwicklungszusammenarbeit finanziert werden soll.

Schädlich für den Ruf der Schweiz

In einer ganzheitlichen Sicht zu nationaler und internationaler Sicherheit ist diese verkürzte Sichtweise unzutreffend, wenn nicht gar schädlich für die Reputation der Schweiz. Die leider weitverbreitete Betrachtungsweise von Herausforderungen im traditionellen schweizerischen «Silodenken» ist angesichts der globalen Herausforderungen auch für unser Land nicht mehr zielführend.

Grundsätzlich gilt aus meiner Sicht nach wie vor der vom ehemaligen Deza-Chef Walter Fust geprägte Leitsatz «Es gibt keine Sicherheit ohne Entwicklung, aber es gibt auch keine Entwicklung ohne Sicherheit». Der Kontext «Entwicklungszusammenarbeit und internationale Sicherheit» bewegt sich immer in einem Spannungsfeld, das wesentlich von Faktoren wie «Betroffenheit», «Solidarität», «Verlässlichkeit» und selbstverständlich auch «nationalen Interessen» beeinflusst wird. Je nach persönlicher Einstellung, politischer Couleur und Interessenlage wird einer oder mehrere Faktoren höher gewichtet als andere.

Angesichts der aktuellen Lage und deren Entwicklungsmöglichkeiten sind hier insbesondere die Faktoren «Verlässlichkeit» und «Solidarität» hervorzuheben, bei dem die Schweiz sicherheitspolitisch mehr tun könnte und künftig wohl auch müsste. Der bisherige Verlauf des Ukraine-Konflikts zeigt hier Schwachstellen deutlich auf.

Namhafte Beiträge auch zu Friedensförderung und internationaler Zusammenarbeit sind angesichts der festgefahrenen und nach innen gerichteten Neutralitätsdebatte besonders wichtig und werden an Bedeutung zunehmen. Dies ist angesichts der derzeitigen Gefahr des Reputationsverlusts unseres Landes gerade auch bei unseren wichtigsten Nachbarn und Partnern von strategischer Bedeutung.

Vor diesem Hintergrund ist der Forderung von SVP-Ständerat Werner Salzmann nach einer übergeordneten politischen Strategie als Fazit der Debatte im Ständerat unbedingt beizupflichten. Allerdings nicht nur für die Armee, sondern für einen ganzheitlichen Ansatz bezüglich der Sicherheit der Schweiz, der auch die internationale Zusammenarbeit beinhaltet. Der Nationalrat kann die Weichen schon mal in die richtige Richtung stellen!