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Vielerorts gibt es bald neue Jodtabletten – der Bund will die Kosten abwälzen

Im Streit um die Kosten der Verteilung der Jodtabletten  will der Bund per Gesetzesänderung die Betreiber stärker in die Pflicht nehmen. Gleichzeitig wurde auch die Einnahme-Empfehlung angepasst. 

Der Bund will weniger Geld für die Verteilung der Jodtabletten ausgeben. An seiner Sitzung vom Freitag hat der Bundesrat beschlossen, dass künftig die Betreiber der Kernkraftwerke (KKW) die Kosten für die Verteilung der Jodtabletten innerhalb eines Radius von 50 Kilometer um ein KKW komplett übernehmen müssen. Darum hat er eine entsprechende Gesetzesänderung in die Vernehmlassung geschickt.

Dahinter steckt ein längerer Streit zwischen dem Bund und den Betreibern. Schon einmal wollte der Bundesrat genau diese Regelung durchsetzen, am Ende gelangten die KKW-Betreiber vor das Bundesgericht, das zum Schluss kam, es gebe für diese Kostenübernahmepflicht «keine ausreichende gesetzliche Grundlage». Schliesslich einigten sich die Streitparteien auf einen Kompromiss.

Kompromiss gefunden

Für die in diesem Herbst anlaufende Auffrischung der Jodtabletten im Radius von 50 Kilometern der bestehenden Kernkraftwerke bedeutet dies konkret, dass die Kraftwerk-Betreiber mit 11 Millionen Franken den Grossteil der Gesamtsumme von 15 Millionen übernehmen. Das ist dem Bundesrat aber offensichtlich immer noch zu wenig. Mit der nun angedachten Gesetzesänderung werde das «Verursacherprinzip im Strahlenschutzgesetz präzisiert», wie es in einer Mitteilung vom Bundesrat heisst. Für die anrollende Jodauffrischung hat die angedachte Änderung aber noch keinen Einfluss.

Jodtabletten müssen im Falle eines schweren Unfalls in einem Kernkraftwerk vorsorglich eingenommen werden. Sie werden regelmässig an die Bevölkerung verteilt und ausgetauscht. Rund um das ehemalige Kernkraftwerk Mühleberg werden die Tabletten neu nicht mehr vorsorglich an die Bevölkerung verteilt, sondern der Kanton lagert sie für die Bewohnerinnen und Bewohner ein.

Neu ist auch, dass Personen über 45 Jahren gemäss der Eidgenössischen Kommission für Strahlenschutz eine Einnahme der Jodtabletten nicht mehr empfohlen wird. Empfohlen ist die Einnahmen weiterhin für Kinder, Jugendliche, Schwangere und Personen unter 45 Jahren. Sie dient zur Vorbeugung von Schilddrüsenkrebs. Sollte jemand trotz fehlender Empfehlung im Ernstfall Jodtabletten nehmen wollen, «sollte die Einnahme im Voraus mit einem Arzt besprochen werden». Abgelaufenen Jodtabletten sollten nicht im Abfall entsorgt werden, sondern in eine Apotheke oder Drogerie zurückgebracht werden.

Weitere Präzisierungen sind angedacht

Der Bundesrat will auch andere Präzisierungen beim Strahlenschutzgesetz vornehmen, Auch hier geht es um das «Verursacherprinzip», was eigentlich meint: Die Kosten sollen konsequenter und rechtssicherer auf die Betreiber abgewälzt werden können.

So möchte der Bundesrat, «dass die Kosten für Sanierungsmassnahmen bei radioaktiv kontaminierten Standorten durch die Verursacher und die Inhaber getragen werden». Diese Regelung betreffe beispielsweise radiologische Altlasten, die durch die Verwendung von Radium-Leuchtfarbe in der Uhrenindustrie entstanden sind. «Der Bund trägt lediglich die Kosten der Verursacher, die nicht mehr ermittelt werden können oder zahlungsunfähig sind», heisst es in der Mitteilung. Gleiches gelte auch bei der Entsorgung von radioaktiven Abfällen. (mg)