Für die Regierung hat sich die Debatte um Gendersprache an Schulen erledigt – die Sonderzeichen bleiben trotzdem ein Thema
Die Debatte um die gendergerechte Sprache im Aargau reisst nicht ab. Im Januar übte die Junge SVP Kritik an der Neuen Kanti Aarau, weil diese den Genderstern in verschiedenen Dokumenten verwendet hatte.
Unter anderem wurde in der neuesten Hausordnung der Kantonsschule nicht von «Schülerinnen und Schülern», sondern von «Schüler*innen» gesprochen. Die Jungpartei wertete die Verwendung des Gendersterns als Verstoss der Schule gegen die politische Neutralität.
EDU-Grossrat Martin Bossert, sein Parteikollege Rolf Haller und SVP-Grossrätin Nicole Müller-Boder, forderten kurz darauf in einer Motion, die Durchsetzung der sprachlichen Gleichbehandlung der Geschlechter in der Verwaltung und in den Schulen im Kanton Aargau.
Aufgrund der Verwendung des Gendersterns durch die Kantonsschule sei davon auszugehen, dass die Weisung der Bundeskanzlei und das Aargauer Merkblatt «12 Spielregeln zur sprachlichen Gleichbehandlung», speziell bezüglich Einsatzes typografischer Mittel wie Genderstern oder Genderdoppelpunkt, in der kantonalen Verwaltung und ihren Institutionen nicht umgesetzt werden.
Regierungsrat will Pflicht bereits erfüllt haben
Bereits im August 2021 stellten die beiden an der Motion beteiligten EDU-Grossräte Bossert und Haller dem Regierungsrat in einer Interpellation verschiedene Fragen zum Umgang mit der sprachlichen Gleichbehandlung der Geschlechter im Kanton Aargau. Den Interpellanten war aufgefallen, dass Publikationen von Schulen und anderen Institutionen, im Hinblick auf die gendergerechte Sprache uneinheitlich veröffentlicht wurden.
Auf die damalige Frage, wie der Regierungsrat mit Institutionen umgehe, die sich nicht an die Weisung der Bundeskanzlei halten, antwortete er: «Wenn die vom Regierungsrat erlassenen Richtlinien nicht eingehalten werden, wird der Regierungsrat dies bei den Verantwortlichen des entsprechenden Bereichs anmahnen».
Aufgrund der neuerlichen Verwendung des Gendersterns durch die Neue Kantonsschule Aarau, wurde der Regierungsrat mit der Motion vom Januar 2022 beauftragt, «in dieser Angelegenheit härter durchzugreifen».
Der Regierungsrat will die Motion nun entgegennehmen und beantragt gleichzeitig deren Abschreibung. In der Stellungnahme schreibt er, dass die Motionsbegründung lediglich den Fall der Neuen Kantonsschule Aarau anführe, in deren Hausordnung der Begriff Schüler*innen verwendet wurde.
Das zuständige Departement Bildung, Kultur und Sport habe die Schule umgehend auf die geltenden Richtlinien hingewiesen und sie auf die Umsetzung verpflichtet. Auch bei ähnlichen Fällen würde man gleichermassen vorgehen. Deshalb sieht der Regierungsrat das Motionsanliegen als erfüllt an.
Debatte wird wieder angeheizt
Die Motionäre von EDU und SVP begrüssen auf Anfrage die Entgegennahme der Motion, sind aber mit der beantragten Abschreibung nicht einverstanden. Martin Bossert (EDU) findet, der Regierungsrat habe seine Pflicht noch nicht erfüllt. Es gehe darum, dass der Regierungsrat nicht nur bei offensichtlicher Nichteinhaltung der Richtlinien die Verantwortlichen des entsprechenden Bereichs anmahnt.
Bossert sagt: «Vielmehr soll der Regierungsrat eine proaktive Haltung einnehmen, mit der in seinem Verantwortungsbereich generell und in den Schulen speziell die Einhaltung und Umsetzung der geltenden Regeln mit Nachdruck sichergestellt ist.» Den Motionären sei es zudem ein grosses Anliegen, dass gerade auch bei Lehrerinnen und Lehrern Klarheit herrsche, welche Regeln beim Gendern gelten.
Auch wenn der Grosse Rat die beantragte Abschreibung der Motion bewilligen sollte, ist die Debatte rund um den Genderstern und andere Zeichen der geschlechtergerechten Sprache noch nicht vorbei.
Denn während die Junge SVP das Verbot der Gender-Sonderzeichen im Kanton freut, haben die Jungsozialisten im Februar eine Petition zur Erlaubnis und freien Wahl von gendergerechten Schreibweisen seitens der Schulen beim Kanton eingereicht. Dafür hatten sie knapp 5000 Unterschriften gesammelt.