Immer mehr Hate Crimes: So viele Angriffe auf Transpersonen wie noch nie
Hate Crimes. Davon ist die Rede, wenn aus Hass eine Straftat wird. Und die Zahl dieser Hate Crimes in der Schweiz ist im vergangenen Jahr weiter angestiegen – und zwar um fast 50 Prozent. Dies schreiben das Transgender Network Switzerland (TGNS), die Lesbenorganisation Schweiz und die Schwulenorganisation Pink Cross am Mittwoch in einer gemeinsamen Mitteilung.
Konkret sind der LGBTQ-Helpline vergangenes Jahr 134 verbale oder körperliche Angriffe sowie Diskriminierungen von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transpersonen (LGBTQ) gemeldet worden. Laut Mitteilung ist diese Zahl vorurteilsmotivierter Straftaten ein neuer Höchststand – dies «bei einer hohen Dunkelziffer», so die Meldestelle für Hate Crimes und Peer-Beratung für LGBTIQ-Personen.
Hauptbetroffene sind junge Menschen unter 30 Jahren. In 80 Prozent der Fälle handelt es sich um verbale Beleidigungen und Beschimpfungen. Bei jedem fünften gemeldeten Fall ist laut der LGBTQ-Helpline aber auch körperliche Gewalt im Spiel.
Situation «nochmals deutlich verschärft»
Fast ein Drittel der gemeldeten Hate Crimes stammt dabei von Transpersonen und davon wiederum die meisten von nicht binären Personen. Laut den Zahlen der LGBTQ-Helpline ist diese Entwicklung «auch auf die zunehmenden Feindseligkeiten von Politik und Medien besonders gegenüber nicht binären Personen zurückzuführen».
Die Situation an sich sei dabei nicht neu, dass LGBTQ-feindliche Hate Crimes in der Schweiz alltäglich seien. Doch habe sich die sichtbare Situation von vorurteilsmotivierten Straftaten nun «nochmals deutlich verschärft».
Dabei würden «die Existenzberechtigung und die elementarsten Rechte von Transpersonen, und ganz besonders von nicht binären Personen und von Jugendlichen, zunehmend öffentlich in Frage gestellt», wird Alecs Recher vom TGNS in der Mitteilung zitiert.
Bundesrat und Medien in der Kritik
Namentlich kritisiert Alecs Recher am Mittwoch gegenüber Radio SRF in diesem Zusammenhang alt Bundesrat Ueli Maurer. Der SVP-Politiker hatte bei seiner Rücktrittsankündigung im vergangenen November über seine Nachfolge gesagt: «Solange es kein ‹Es› ist, geht es ja noch.»
In der Folge entwickelte sich in den sozialen und klassischen Medien eine Kontroverse um Maurers Aussage. Namentlich Kim de l’Horizon, schriftstellerisch tätige Person aus der Schweiz, die im vergangenen Herbst mit dem Deutschen und dem Schweizer Buchpreis für ihr Erstlingswerk «Blutbuch» ausgezeichnet wurde, wandte sich in der NZZ in einem fulminanten Essay an SVP-Bundesrat Ueli Maurer.
Doch der abtretende Finanzminister wollte sich dazu trotz Anfragen verschiedenster Medien in der Folge nicht mehr näher äussern. Nun fordern die LGBTQ-Dachverbände Politik und Zivilgesellschaft «dringend zum Handeln auf», wie sie am Mittwoch schreiben. Es reiche nicht, «nur Massnahmen zu versprechen, sondern auch zu handeln». Namentlich brauche es nun eine rasche Umsetzung des nationalen Aktionsplans gegen LGBTQ-Feindlichkeit. Diesen hat das Parlament gegen den Willen des Bundesrats angenommen.