Wie viel Transparenz braucht es bei der Polit-Finanzierung im Aargau? Die Meinungen der Parteien gehen auseinander
Rund 55 Millionen Franken haben die Parteien für den Nationalratswahlkampf 2023 ausgegeben. So haben sie es zumindest deklariert. Bei den Wahlen galten erstmals die neuen Transparenzregeln bei der Politikfinanzierung. Im Aargau ist ein ähnliches Gesetz in Vorbereitung, das voraussichtlich 2026 in Kraft treten soll.
Die Forderung geht auf eine Motion der FDP-Fraktion zurück. Im Oktober schickte der Regierungsrat den Gesetzesentwurf in die Vernehmlassung, nun liegen die Antworten der Parteien vor. Umstritten ist vor allem, ab welchem Schwellenwert die Beträge offengelegt werden müssen, aber auch die Kosten-Nutzen-Frage.
Die Mitte lehnt Gesetz überraschend ab
Die FDP Aargau zeigt sich in der Anhörung weitestgehend zufrieden mit dem Vorschlag des Regierungsrates. Dieser entspricht den Vorstellungen, welche die Partei bereits in der Ratsdebatte geäussert hatte: Die Schwellenwerte für die Offenlegung wären im Aargau die gleichen wie auf Bundesebene: 50’000 Franken für politische Kampagnen und 15’000 Franken für Spenden.
Die Liberalen begrüssen auch die zusätzliche Regelung, wonach Ständeratskandidierende unabhängig vom Wahlergebnis den Transparenzregeln unterstehen würden. Bisher sind dies nur die Gewählten. Eine weitere Ergänzung lehnt die FDP hingegen ab: Der Regierungsrat schlägt vor, dass auch Mandatsbeiträge – also unter anderem die Abgaben, die Richter an ihre Partei zahlen – offengelegt werden müssen.
Die Mitte lehnt den Gesetzesvorschlag ab, obwohl sie im Grossen Rat einstimmig für Transparenzregeln stimmte. Wie die FDP und die EVP will sie die Offenlegungsgrenzen analog zum Bund festlegen, stellt nun aber das Kosten-Nutzen-Verhältnis infrage. Sie erwartet, dass jährlich nur sehr wenige kantonale Kampagnen deklariert werden müssten und gar keine Spenden über 15’000 Franken.
Die EVP teilt diese Einschätzung: «Wir würden uns riesig freuen, wenn wir bei einer Abstimmung mehr als 50’000 Franken zur Verfügung hätten.», schreibt sie. Beide Parteien betonen, dass der bürokratische Aufwand möglichst klein gehalten werden muss. Im Gegensatz zur Mitte stimmt die EVP der Gesetzesvorlage grundsätzlich zu.
Grüne fordern strengere Regeln für Firmen
Die Grünen, die SP und auch die Grünliberalen sprechen sich für die Gesetzesvorlage aus, fordern jedoch tiefere Schwellenwerte. Laut GLP gibt im Aargau mit Ausnahme von Regierungs- und Ständeratswahlen kein Kandidierender mehr als 50’000 Franken für eine Kampagne aus. Die Partei schlägt deshalb vor, die Schwelle auf 10’000 oder maximal 15’000 Franken festzulegen. Zudem regt sie an, zu prüfen, ob eine fahrlässige Verletzung der Regeln strafbar sein sollte.
Die Grünen und die SP plädieren für eine Grenze von 10’000 Franken für Kampagnen. Die Grünen schlagen zudem vor, die Grenze für Spenden wie in anderen Kantonen auf 5000 Franken festzulegen. Bei Firmen und Organisationen sollen ihrer Ansicht nach sogar schon Spenden ab 100 Franken offenlegungspflichtig sein, wie in den Kantonen Schwyz und Fribourg.
Beide Linksparteien begrüssen, dass die Regeln nicht nur bei kantonalen Wahlen und Abstimmungen, sondern auch auf Bezirks- und Kreisebene gelten sollen und zudem Mandatsbeiträge berücksichtigt werden. «Eine möglichst umfassende Offenlegung kann dazu beitragen, das Vertrauen der Bevölkerung in die politischen Institutionen zu stärken», schreibt die SP.
SVP warnt vor Rückgang bei Spendengeldern
Die SVP kommt zum gegenteiligen Schluss: «Wenn Transparenzregeln umgangen oder ad absurdum geführt werden, untergräbt dies das Vertrauen ins politische System», schreibt die Partei. Beispiele aus den USA und der EU würden zeigen, dass selbst mit strengeren Regeln Bürgerinnen und Bürger kein realistisches Bild der Finanzierung erhielten. Zudem könnten Sponsoren und Gönner aufgrund der neuen Regeln auf Spenden verzichten. Die Partei lehnt den Gesetzesentwurf entschieden ab – ebenso die EDU.
Aus Sicht der Kleinpartei führen die Transparenzregeln zu einem unverhältnismässigen bürokratischen Aufwand. Die EDU sieht zudem das Milizsystem in Gefahr, da die zusätzlichen Aufgaben die Besetzung von Ämtern weiter erschweren würden.