Besser kein Himalaya-Salz – die Bevölkerung hat zu wenig Jod
Es gilt als effektivste und billigste Präventionsmassnahme seit jeher: 1922 begann die Schweiz als erstes Land, dem Speisesalz Jod zuzufügen – ein Spurenelement, das die Schilddrüse benötigt, um Hormone zu bilden. Seither sind jodmangel-bedingte Krankheiten stark zurückgegangen, vor allem Kröpfe (eine Wucherung der Schilddrüse) sowie Schilddrüsen-Unterfunktionen mit Symptomen wie Müdigkeit, Gewichtszunahme und depressionsähnlichen Zuständen.
Auch Kretins werden keine mehr geboren, also kleinwüchsige, geistig behinderte Menschen aufgrund Jodmangels in der Schwangerschaft. Doch wie Studien zeigen, ist die Versorgung mit Jod in der Bevölkerung heutzutage wieder am unteren Limit.
Dies, obwohl die Anreicherung des Salzes 2014 erhöht wurde. Wieso sich die Situation nicht verbessert hat, ist nicht ganz klar. Einerseits kaufen wohl viele aufgrund von Falschinformationen unjodiertes Salz, vermutet David Fäh, Ernährungswissenschaftler an der Berner Fachhochschule. «Im Internet wird Misstrauen und Skepsis geschürt.» Andererseits werden viele Lebensmittel aus Ländern importiert, in denen das Salz nicht jodiert wird – zum Beispiel aus Frankreich.
Wichtige Jodlieferanten sind auch Meeresfische und Milchprodukte. Dies dürfte der Grund für die schlechtere Versorgung von Veganerinnen und Veganern sein. Während Vitamin-B12-Mangel in diesen Kreisen dank Nahrungsergänzungsmitteln selten geworden sei, scheint die Wichtigkeit von Jod wenig bekannt zu sein. Eine gute pflanzliche Jodquelle sind Algen. Doch ist die Dosierung schwierig, bei gewissen Sorten droht eine Überversorgung.
Weniger Salz ist gut – aber dann muss es jodiert sein
Zwar wurden wegen der generellen Unterversorgung der Bevölkerung bis anhin noch keine gesundheitlichen Probleme nachgewiesen, wie dem Ernährungsbulletin des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) von 2019 zu entnehmen ist. Möglicherweise könnten schwangere Frauen vorübergehend eine zu tiefe Jodaufnahme kompensieren und den Fötus mit gespeichertem Jod versorgen, schreiben die Autorinnen.
Einen Zielkonflikt sieht David Fäh bei der Empfehlung, den Salzkonsum zu reduzieren. Dies sei zwar sinnvoll. Doch wer wenig salzt, sollte umso mehr darauf achten, dass das verwendete Salz Jod enthält. Dies ist zum Beispiel beim Meersalz nur unzureichend der Fall. «Es ist ein Witz, dass Meersalz als gesund gilt und in vielen Rezepten empfohlen wird», sagt Fäh.
Ähnlich verhält sich die Sache mit den zahlreichen Spezialitätensalzen wie Fleur de Sel oder rosa Körner aus dem Himalaja – gemäss einer Studie des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit von 2016 sind diese teuren Produkte nicht gesünder als Kochsalz für rund 95 Rappen das Kilogramm.