Bis Ende Juni muss der Aargau den Ärztestopp umsetzen – Gesundheitsdepartement kritisiert Datengrundlage des Bundes
Die nationale Politik befürchtet, dass zu viele Ärztinnen und Ärzte die Gesundheitskosten in die Höhe treiben. Deshalb wurde vor bald drei Jahren ein neues Gesetz verabschiedet, das den Kantonen ermöglicht, die Zahl der Ärztinnen und Ärzte zu beschränken, welche ambulante Leistungen zulasten der Krankenkassen erbringen. Sie können für einzelne Fachgebiete eine Obergrenze festlegen. In diesen Fachgebieten wird nur dann ein neuer Arzt zugelassen, wenn eine bereits tätige Ärztin im Kanton ihre Tätigkeit aufgibt.
Obergrenzen sind vor allem in jenen Fachgebieten sinnvoll, in denen es heute tendenziell zu viele Ärztinnen und Ärzte gibt. Eine Liste des Bundes gibt einen Überblick über die Versorgungsgrade in den Kantonen. In zwölf Fachgebieten liegt der Versorgungsgrad bei über 100 Prozent. So hat es beispielsweise «zu viele» Gefässmedizinerinnen (Versorgungsgrad: 126,2 Prozent) oder Ärzte für hormonelle Störungen (Versorgungsgrad: 141,6 Prozent).
Wird der Kanton Aargau also einfach in diesen Fachgebieten Obergrenzen festlegen? Nein. Es ist komplizierter, wie das «SRF-Regionaljournal» am Donnerstag berichtete. Nur weil der Aargau in einem Fachgebiet über dem Schweizer Durchschnitt liege, bedeute das noch nicht, dass der Schweizer Durchschnitt tatsächlich den Versorgungsbedarf decke, sagt Christine Huber, Leiterin Spitalversorgung im Gesundheitsdepartement. «Es könnte ja durchaus sein, dass man in der ganzen Schweiz eine Unterversorgung hat, dann relativieren sich diese Zahlen.»
Ärzte-Präsident findet Höchstzahlen überflüssig
Zumindest implizit kritisiert Christine Huber also, die Zahlen des Bundes seien unbrauchbar. Deshalb ist sie daran, mit eigenen Umfragen selber herauszufinden, in welchen Fachgebieten es im Aargau zu viele Ärztinnen und Ärzte gibt. Auf dieser Basis wird der Regierungsrat dann eine Verordnung verabschieden. Diese soll per 1. Juli 2023 in Kraft gesetzt werden.
Jürg Lareida, Präsident des Aargauischen Ärzteverbandes, findet solche Höchstzahlen total überflüssig. Im Radiobeitrag sagt er, man müsse nichts steuern oder regulieren. Der Aargau sei unterversorgt. Es gebe in keinem Fachgebiet eine Überversorgung. (nla)