Physiotherapeuten müssen neu die Minuten zählen
Das Ringen um neue Tarife im Gesundheitsbereich ist ein schwieriges Unterfangen, denn die Interessen sind diametral verschieden. Die Versicherer wollen in der Regel die Preise drücken, die betroffenen Fachbereiche wollen mehr herausholen. Im Bereich Physiotherapie konnten sich die Tarifpartner einmal mehr nicht einigen. Weil aber die Kosten seit 2011 im Schnitt um jährlich 6,9 Prozent auf rund 1,3 Milliarden Franken gestiegen sind, macht nun der Bundesrat von seiner subsidiären Kompetenz Gebrauch und schlägt Änderungen des Tarifs vor.
Zum Vergleich: Die Bruttokosten pro Versicherte für alle Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung wuchsen zwischen 2011 und 2021 jährlich um durchschnittlich 2,8 Prozent.
Zwei Varianten der Zeitmessung liegen vor
Konkret müssen Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten neu die Dauer einer Behandlung berücksichtigen. Gemäss Bundesrat bestehe ein Konsens zwischen den Versicherern und den Betroffenen, dass die «Einführung einer Zeitkomponente dringlich und notwendig ist, um die Transparenz zu erhöhen». Der Bundesrat spricht von einem «minimalen» Eingriff – und schlägt trotzdem zwei Varianten für die Umsetzung vor.
Beide haben gemein, dass neu auch eine Sitzung von nur 20 Minuten verrechnet werden kann, falls sie nicht länger dauert. Es soll aber weiterhin die Kategorien für allgemeine und aufwendige Physiotherapie von jeweils unterschiedlicher Dauer geben. Je nach Dauer gilt ein anderer Tarif. Klar ist: In der Neuerung schwingt ein gewisses Misstrauen mit. Die Dauer der Sitzung diene nicht nur der Transparenz, wie der Bundesrat schreibt. Er erhoffe sich auch einen kostendämpfenden Effekt. «Nicht zuletzt ermöglicht die genaue Angabe der Mindestdauer einer Sitzung den Patientinnen und Patienten eine bessere Kontrolle der in Rechnung gestellten Leistungen.» (wan)