Zwangsimpfung ihres Sohnes? Bundesgericht weist Beschwerde einer Aargauer Mutter ab
Soll ihr gemeinsames Kind im Vorschulalter geimpft werden oder nicht? Bei dieser Frage wurden sich zwei Eltern aus dem Aargau nicht einig. Die Mutter war gegen, der Vater für die Impfungen gegen diverse Krankheiten. Konkret geht es um Diphtherie und Tetanus, Masern, Mumps und Röteln sowie Pneumokokken.
Vor dem Aargauer Obergericht konnte der Vater Anfang Jahr einen Sieg einfahren. Das Gericht wies eine Beschwerde seiner ehemaligen Partnerin gegen einen Entscheid des zuständigen Familiengerichts ab. Dieses hatte der Mutter die Weisung erteilt, ihren Sohn impfen zu lassen. Bei Nicht-Umsetzung drohte eine Busse von bis zu 10’000 Franken. Das Familiengericht war für den Fall zuständig, weil der Vater erfolgreich beantragt hatte, dass die Entscheidung von Gesundheitsfragen über den gemeinsamen Sohn dem Gericht überlassen wird.
Faires Verfahren war gewährleistet
Dass das Obergericht sie zwang, ihr Kind impfen zu lassen, wollte die Mutter nicht hinnehmen. Sie focht den Entscheid vor dem Bundesgericht an – jedoch ohne Erfolg, wie sich nun zeigt. Das höchste Schweizer Gericht weist die Beschwerde in allen Punkten ab.
In formeller Hinsicht rügte die Frau unter anderem eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliche Gleichbehandlung und auf ein faires Verfahren. Diese Einwände würden an der Sache vorbeizielen, stellen die Bundesrichter klar. Denn die Frau habe ihr Anliegen von drei gerichtlichen Instanzen – dem Familiengericht, dem Obergericht und dem Bundesgericht – überprüfen lassen können.
Auch in der Sache vermögen die Richter der Kritik der Mutter nicht zu folgen. Soweit sie von einer «willkürlichen Zwangsimpfung» spricht, verweist das Gremium darauf, dass die bundesgerichtliche Rechtsprechung die Familienautonomie auch im Bereich der Impfungen achte. Es werde respektiert, wenn Eltern ihre Kinder nicht impfen lassen wollten. Laut einem Leiturteil des Bundesgerichts kann bei Uneinigkeit der sorgeberechtigten Eltern jedoch die Kindesschutzbehörde – im Fall des Kantons Aargau das Familiengericht – über den Fall entscheiden. Die Behörde soll sich an den Empfehlungen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) orientieren und nur davon abweichen, wenn sich «die Impfung aufgrund der besonderen Umstände des konkreten Falls nicht mit dem Kindeswohl verträgt».
BAG-Impfempfehlung ist entscheidend
Solche konkreten Umstände bringe die Mutter nicht vor, urteilen die Richter aus Lausanne. Sie verpasse es, darzulegen, warum bei ihrem Kind von der BAG-Impfempfehlung abgewichen werden müsste. Vielmehr behaupte die Beschwerdeführerin in genereller Weise die Schädlichkeit von Impfungen und versuche dies als wissenschaftlich erwiesen darzustellen, heisst es im Urteil.
Dass die Frau vor dem Bundesgericht unterliegt, dürfte auch für sie nicht aus heiterem Himmel kommen. Sie führte in ihrer Beschwerde aus, dass angesichts der publizierten Rechtsprechung kein Anwalt bereit gewesen sei, sie zu vertreten. Deshalb stellte sie ein Gesuch um Übernahme der ihr entstandenen Kosten. Dieses wird vom Bundesgericht jedoch abgewiesen, weil «der Beschwerde von Anfang an kein Erfolg beschieden sein konnte». Die Frau muss nun die Gerichtskosten von 2000 Franken übernehmen.