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Hirslanden Klinik Aarau kritisiert Gallatis Gesundheitsstrategie

Die Verantwortlichen der Aarauer Privatklinik haben im Strategiepapier einen Fehler gefunden. Zudem haben sie Bedenken, ob es angesichts der vielen gesperrten Betten im Kantonsspital Aarau klug ist, die komplexe Medizin stärker zu konzentrieren.

Ende August hat Gesundheitsdirektor Jean-Pierre Gallati die Gesundheitspolitische Gesamtplanung in die Anhörung geschickt. Verbände und Parteien können noch bis Ende November zu den vorgeschlagenen strategischen Zielen und Grundsätzen im Gesundheitswesen Stellung nehmen.

Die Hirslanden Klinik Aarau hat im über 100-seitigen Anhörungsbericht einen Fehler bemerkt. Auf Seite 74 steht, «dass die Tarife der Regionalspitalzentren deutlich unter denjenigen der Zentrumsspitäler liegen».

«Der Tarif der Hirslanden Klinik als Zentrumsspital liegt mit 9600 Franken jedoch im Bereich der Regionalspitäler», sagt Sprecher Philipp Lenz. Er sei um 250 Franken tiefer als derjenige des Kantonsspital Aarau (KSA).

«Die Hirslanden Klinik Aarau als Zentrumsspital ist günstiger als die Kantonsspitäler und nicht teurer als die Regionalspitäler, obwohl wir im Durchschnitt die komplexesten Fälle im Kanton behandeln.»

Michel Hassler, Mediensprecher des Gesundheitsdepartements, räumt den Fehler auf Anfrage ein. «Die Kritik ist berechtigt, es hätte ‹Kantonsspitäler› und nicht ‹Zentrumsspitäler› heissen müssen.» An der im Anhörungsbericht vermittelten Botschaft ändere dies aber nichts.

Die Regionalspitäler sollen das aktuelle Leistungsangebot auch in Zukunft aufrechterhalten und allenfalls weitere Leistungen erbringen können, die heute noch komplex sind, in Zukunft aufgrund des technischen Fortschritts aber einfacher und ressourcenschonender durchgeführt werden können.

Gefährdet eine Konzentration die Versorgungssicherheit?

Komplex-spezialisierte und vor allem hoch spezialisierte Leistungen sollen hingegen konzentrierter in den Zentrumsspitälern in Aarau (KSA und Hirslanden) und Baden (KSB) angeboten werden. Die Konzentration in der komplexen Medizin bezeichnet die Hirslanden Klinik als Schwachstelle in der Gesundheitspolitischen Gesamtplanung. Philipp Lenz sagt, es sei völlig unklar, was der Kanton mit der neuen Begriffskreation «komplex-spezialisierte Medizin» meine.

Bereits heute würden im Aargau komplexere Eingriffe an den drei Zentrumsspitälern vorgenommen, die über entsprechende Vorhalteleistungen und Infrastruktur verfügten. Lenz sagt:

«Wenn der Kanton stärker in den Kantonsspitälern konzentriert, dann führt das erstens zu höheren Kosten und zweitens zu einer geringeren Versorgungssicherheit.»

Um zu unterstreichen, was er bezüglich Versorgungssicherheit meint, verweist Philipp Lenz auf die aktuelle Situation: Im Kantonsspital Aarau (KSA) sind 86 Betten gesperrt. Und Gesundheitschefin Barbara Hürlimann hat in der AZ eingeräumt, dass es wegen des Personalmangels aktuell schwierig sein könne, in der komplexen Medizin einen Behandlungsplatz zu finden.

Die Hirslanden Klinik befürchtet, dass sich diese Situation durch eine stärkere Konzentration noch verschärfen könnte, weil es für komplexe Fälle weniger Ausweichmöglichkeiten gibt. «Im Gegensatz zum KSA können aktuell im KSB und in der Hirslanden alle Betten betrieben werden», sagt Philipp Lenz.

Konzentration führt zu höherer Qualität

Hassler vom Gesundheitsdepartement hingegen betont, eine Leistungskonzentration im spezialisierten Bereich führe nicht zu einer geringeren Versorgungssicherheit. «Unter Versorgungssicherheit ist zu verstehen, dass der Bevölkerung in einem angemessenen räumlichen Umfeld und innerhalb einer angemessenen Anreisezeit eine bedarfsgerechte Behandlung zukommt.»

Eine komplex-spezialisierte beziehungsweise hoch spezialisierte Behandlung könne aber nur dann in der notwendigen Qualität erbracht werden, wenn die Ärztin oder der Arzt und das dazugehörige Team über eine gewisse Routine verfügen. «Diese Voraussetzungen werden nur an den Zentrumsstandorten erfüllt», so das Gesundheitsdepartement.

Auch auf die Kosten habe die Konzentration keinen Einfluss, heisst es beim Gesundheitsdepartement. Im Gegenteil: Die benötigte Infrastruktur für komplex-spezialisierte und hoch spezialisierte Leistungen sei meist teuer. Die Tarife der Regionalspitäler könnten nur darum auf dem aktuell tieferen Stand gehalten werden, weil sie keine spezialisierten Ressourcen bereitstellen müssen.