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Dank Hilfe aus dem Ausland: Wieder mehr Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz

40'002 Ärztinnen und Ärzte haben im vergangenen Jahr in der Schweiz gearbeitet – 2 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Abhängigkeit vom Ausland nimmt zu. Frauen haben weiterhin Aufholpotenzial.

Die gute Nachricht gleich vorne weg: Im vergangenen Jahr haben in der Schweiz 780 Ärztinnen und Ärzte mehr gearbeitet als ein Jahr davor. Seit 2012 ist die Ärzteschaft um 26 Prozent gewachsen. Erfreulich ist dabei die Zunahme des Frauenanteils: Inzwischen machen sie knapp 46 Prozent aus. 2012 lag der Frauenanteil noch bei 37,5 Prozent. Vor allem der Nachwuchs ist eher weiblich. Das geht aus der am Mittwoch veröffentlichten Ärztestatistik ihres Berufsverbands FMH hervor.

Allerdings haben die Frauen noch immer Aufholbedarf. Etwa beim Lohn: Gemäss einem im vergangenen Oktober publizierten Artikel des FMH verdienen Ärztinnen noch immer weniger Geld als Ärzte. Teilweise kann der Lohnunterschied mit der Wahl des medizinischen Fachgebiets oder der Anzahl geleisteter Arbeitsstunden erklärt werden.

Bislang nur wenig Ärztinnen in Kaderpositionen

Aber nicht immer: Gemäss Bundesamt für Statistik (BFS) erzielten selbstständige Ärzte im Jahr 2019 bei sonst gleichen Bedingungen im Schnitt ein um 25 Prozent höheres Einkommen als die Ärztinnen. Der Verband hat daher ein Positionspapier veröffentlicht und verschiedene Empfehlungen ausgearbeitet. Dazu gehören etwa Vergütungsmodelle, die möglichen geschlechterbezogenen Lohn- und Einkommensunterschieden entgegenwirken, standardisierte Lohnanalysen, um Differenzen sichtbar zu machen, oder bessere Arbeitsmodelle, um mehr Frauen für Führungspositionen zu gewinnen.

Ebenfalls sind bislang nur wenige Frauen in Kaderpositionen zu finden. Bei den Assistenzärztinnen und Oberärzten überwiegt der Frauenanteil noch. Danach nimmt er laut FHM laufend ab. Bei der leitenden Ärzteschaft liegt er bei 31,8 Prozent, auf Chefarztebene bei gerade einmal 15,8 Prozent. Allerdings habe der Frauenanteil in leitenden Positionen aufgrund des steigenden Frauenanteils auf Assistenzarztstufe in den letzten Jahren zugenommen.

Ärzteschaft wird immer älter

Auch andere Fakten aus der Ärztestatistik sind nicht nur erfreulich: So war jede und jeder zweite praktizierende Arzt über 50 Jahre und jeder Vierte gar über 60 Jahre alt. Das Durchschnittsalter der Ärztinnen und Ärzte lag 2022 bei 50 Jahren. Es ist in den letzten Jahren gemäss FMH «kontinuierlich angestiegen». Im Praxissektor sind die Ärztinnen und Ärzte im Schnitt zehn Jahre älter als ihre Kolleginnen und Kollegen im Spitalsektor.

Ausserdem besteht eine grosse Abhängigkeit vom Ausland: 39,5 Prozent der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz stammen aus dem Ausland oder besitzen ein ausländisches Diplom – 1,1 Prozent mehr als 2021. Die Schweiz hat damit nach Israel den zweithöchsten Ausländeranteil in der Ärzteschaft aller OECD-Länder. Die meisten von ihnen stammen aus den Nachbarländern – vor allem aus Deutschland.

Laut FMH ziehen die attraktiven Rahmenbedingungen viele Fachkräfte aus dem Ausland in die Schweiz. Dies begünstige jedoch die Mangellage in den Herkunftsländern. So hat etwa der französische Botschafter in Bern bereits einmal eine Kampfansage in Richtung Schweiz gemacht.

Tiefe Hausärztedichte

Bezüglich Ärztedichte bewegt sich die Schweiz mit 4,6 Ärztinnen und Ärzten pro 1000 Einwohnern auf dem Niveau von Deutschland. Gemessen an den Vollzeitäquivalenten (VZÄ) sinkt sie auf 3,9. Ein «alarmierendes Bild» zeigt sich bei den ambulant tätigen Hausärztinnen und -ärzten: Die Dichte in VZÄ pro 1000 Einwohnerinnen und Einwohner liegt mit 0,8 seit Jahren unter dem empfohlenen Wert von 1.

Zudem nehmen das Arbeitspensum und die geleisteten Stunden pro Woche ebenfalls seit Jahren ab. Die Wochenarbeitszeit lag im vergangenen Jahr bei 47,7 Stunden. 2012 waren es noch 49,3 Stunden.

Massnahmen sollen Fachkräftemangel entegenwirken

Zwar ist das Schweizer Gesundheitssystem gemäss einem Bericht gut und nachhaltig aufgestellt. Allerdings werde sich die Knappheit in der Pflege und der Ärzteschaft weiter verschärfen. Einer der Hauptgründe für die Verschärfung ist das Ausscheiden aus der Berufstätigkeit von Fachkräften der geburtenstarken Jahrgänge.

Laut FMH ist der Hausärztemangel ein Kostentreiber. Der Verband fordert daher verschiedene Massnahmen, um die Rahmenbedingungen für die Ärzteschaft zu verbessern und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Dazu zählen etwa, dass die administrativen Aufgaben weniger werden, die Zahl der inländischen Studienplätze für Medizin erhöht werden und zeitgemässe Tarif- und Finanzierungssysteme, die auch die Interprofessionalität und Digitalisierung berücksichtigen. (abi)