Grosser Ansturm wegen kleiner Verletzungen: Notfallstationen der Aargauer Spitäler werden überrannt
Wie steht es um die Notfallversorgung im Kanton Aargau? Das wollten Miro Barp und drei weitere SVP-Grossräte von der Aargauer Regierung wissen. Diese hat nun neue Zahlen zusammengetragen. Sie zeigen: Die Notfalldienste werden stark beansprucht, es kann zu Wartezeiten und Qualitätseinbussen kommen.
Gemäss Regierungsrat ist die Notfallversorgung der Aargauer Spitäler dennoch gewährleistet. Notfälle, welche lebensbedrohliche oder schwere gesundheitliche Folgen haben können, würden in den Spitälern immer rechtzeitig und bedarfsgerecht behandelt.
Im Kanton Aargau gibt es acht Spitäler mit Notfallstationen. Im Jahr 2022 wurden dort insgesamt 281’813 Notfallpatientinnen und -patienten behandelt, davon 124’000 im Kantonsspital Aarau (KSA), 93’361 im Kantonsspital Baden (KSB) und 16’159 im Spital Muri.
Behandlungsqualität leidet, da Fachpersonal fehlt
Der Fachkräftemangel sei in den Notfallstationen spürbar, «auch wenn es nur in Ausnahmesituationen zu Einschränkungen des Betriebs kommt», heisst es in der Antwort des Regierungsrats. Er hat sich bei den verschiedenen Spitälern erkundigt. Aus Sicht der Hirslanden Klinik Aarau ist es der Hausärztemangel, der zur Überlastung der Notfallstationen führt.
Vom KSA heisst es, die Behandlungs- und Servicequalität könne aufgrund des unterschiedlichen Patientenaufkommens und des Fachkräftemangels nicht immer den eigenen Ansprüchen gerecht werden: «Die Behandlungsqualität leidet, da Fachpersonal fehlt.»
Die Notfallstation des KSA werde nicht mehr als Bettenstation betrieben. Stattdessen betreibe man auf dem Notfall 23 Kojen, in denen Notfälle behandelt werden. Trotzdem müssten mehrmals pro Woche Patientinnen und Patienten auf den Gängen betreut werden, da sämtliche Kojen besetzt sind. Im Neubau seien 42 Kojenplätze geplant.
Viele haben keinen Hausarzt mehr
In den Spitälern ergeben sich regelmässig längere Wartezeiten für Patienten mit Bagatellverletzungen, schreibt der Regierungsrat weiter. «Die Tatsache, dass viele Patientinnen und Patienten keinen Hausarzt mehr haben und somit auch wegen Bagatellen die Notfallstation aufsuchen, verschärft die Situation.»
Im KSB machen Patientinnen und Patienten der höchsten Dringlichkeitsstufen nur gerade 35 Prozent aus. Zwei Drittel sind Bagatellfälle. Und im KSA komme es mehrmals wöchentlich vor, dass auf der Notfallaufnahme nach der Triage mit langen Wartezeiten, bis zu mehreren Stunden, gerechnet werden muss.
Viele Patientinnen und Patienten seien mit den Gepflogenheiten des Gesundheitssystems nicht vertraut. Dazu komme die Erwartungshaltung der Patienten, schreibt der Regierungsrat: «Sie wollen jetzt und heute behandelt werden und haben oft keine Ressourcen mehr, sich selbst zu behandeln und abzuwarten. Manche brauchen lediglich ein Arbeitsunfähigkeitszeugnis.»