Wegen Personalmangels können Spitäler nicht alle Betten betreiben – Aargauer GLP-Grossrat macht sich Sorgen
Es sind sieben Fragen, die GLP-Grossrat Ignatius Ounde dem Regierungsrat in seiner Interpellation stellt. Fragen zu Bettenschliessungen in den Kantonsspitälern Aarau und Baden. Er will wissen, wie viele Betten die beiden Spitäler im Normalfall betreiben und wie viele aktuell zur Verfügung stehen. Es geht ihm nicht um Intensivbetten, die wegen der Coronapandemie im Fokus stehen. Seine Fragen betreffen Betten auf allen Abteilungen der Spitäler.
Auf Nachfrage der AZ sagt Ignatius Ounde, der als Fachexperte für Onkologiepflege am Kantonsspital Aarau (KSA) arbeitet, er wisse von verschiedenen Spitälern, die wegen fehlendem Personal nicht mehr alle Betten betreiben könnten und Probleme hätten, Personal zu finden.
«Wenn auf einer Abteilung zu wenig qualifiziertes Personal zur Verfügung steht, kann die Behandlungsqualität nicht mehr gewährleistet werden und es müssen Betten geschlossen werden.»
Einen Überblick über die Situation im Aargau habe er nicht, sagt Ignatius Ounde. Es gebe keine öffentlich zugänglichen Zahlen. Er vermutet aber, dass am KSA aktuell mehr als 100 von insgesamt rund 500 Betten gesperrt seien. Das ist jedes fünfte Bett.
Der GLP-Grossrat und Pflegefachmann macht sich deshalb Sorgen um die Gesundheitsversorgung der Aargauer Bevölkerung. Ob diese noch gewährleistet sei mit der aktuellen Anzahl Betten, fragt er den Regierungsrat. Weiter will er wissen, ob hochspezialisierte Eingriffe aufgrund mangelnder Kapazitäten nicht nur zeitlich, sondern auch örtlich verschoben werden müssen.
Aargau verfügt über Kapazität von rund 1350 Betten
Wie gross in den Kantonen die Kapazitäten im Bereich der Akutbetten sind, wollte auch der Bund in seiner jüngsten Anhörungen zur Coronapandemie wissen. Der Aargauer Regierungsrat schreibt dazu, die Spitäler verfügten auf der allgemeinen Bettenstation über eine Kapazität von ungefähr 1350 Betten. Aktuell seien ungefähr zwei Drittel der Betten belegt. «Die freien Kapazitäten hängen vom Umfang der durchgeführten Operationen und vom verfügbaren Personal ab», so der Regierungsrat.
Derzeit machen die Covid-19-Patienten ungefähr 10 Prozent der Patienten auf den allgemeinen Bettenstationen aus. Eine Steigerung sei, allenfalls mit einer Reduktion der medizinisch nicht dringenden Eingriffe und einer frühen Verlegung in die Rehakliniken, möglich, schreibt der Regierungsrat und fügt an: «Sofern das entsprechende Personal verfügbar ist.»
Die Lage war schon im September angespannt
Wegen Omikron werden auch im Gesundheitswesen Mitarbeitende ausfallen, was die Personalsituation verschärft. Diese war aber schon vorher angespannt. In den letzten zwei Jahren gab es viele Kündigungen. Stellen neu zu besetzen, wird immer schwieriger. Der Markt ist ausgetrocknet.
Die AZ hatte Anfang September 2021 ebenfalls Hinweise, dass Spitäler auf gewissen Abteilungen nicht mehr alle Betten betreiben können, weil das Personal fehlt. Das Gesundheitsdepartement teilte damals auf Anfrage mit, man verfüge über keine entsprechenden Daten. Die Bettenzahl sei für die Abteilung Gesundheit «nicht unbedingt relevant».
Die KSA-Medienstelle blieb vage und hielt fest, die Zahl der gesperrten Betten ändere sich täglich, das gehöre zu einem Spitalbetrieb. Sprecherin Isabelle Wenzinger hielt aber fest:
«Wie in fast allen grösseren Schweizer Spitälern gibt es auch im KSA Bettensperrungen, wegen Pflegemangels und weil wir auch aus dem Ausland kaum mehr Personal rekrutieren können.»
Das KSB und das Spital Muri hielten im September fest, es seien keine Betten gesperrt. Die Hirslanden Klinik Aarau teilte mit, es könnten gerade noch knapp alle Betten betrieben werden, es gebe aber tagesaktuelle Schwankungen.
Temporärmitarbeitende lösen das Problem nicht
Aufschluss über die aktuelle Situation an den Aargauer Kantonsspitälern wird die Antwort der Regierung auf Ignatius Oundes Vorstoss liefern. Die Lage sei ernst, sagt der GLP-Grossrat. Die Spitäler würden zwar versuchen, Engpässe mit temporär arbeitendem Pflegepersonal zu überbrücken. Er wisse von Stationen, auf denen praktisch nur noch temporäres Personal arbeite. «Das ist keine längerfristige Lösung», sagt Ignatius Ounde.
Temporäre Mitarbeitende würden ein Spital 70 bis 80 Prozent mehr kosten, als Angestellte. Dazu komme, dass Temporäre keinen Nachwuchs ausbilden dürfen. Vom Regierungsrat will Ounde deshalb auch wissen, wie er die Spitäler unterstütze, um den Personalbedarf decken zu können und welche Massnahmen er ergreife, um die Arbeitsbedingungen in der Pflege «rasch und nachhaltig» zu verbessern.
Das Spital Muri und das Kantonsspital Baden haben in der vergangenen Woche bekanntgegeben, dass sie ihren Mitarbeitenden für das Jahr 2021 eine Corona-Prämie in der Höhe von maximal 1000 Franken auszahlen. In Baden ist sie vom Anstellungsgrad abhängig, in Muri zusätzlich von der Dauer der Anstellung im vergangenen Jahr.
Auf Anfrage der AZ haben das Gesundheitszentrum Fricktal mit seinen Standorten in Rheinfelden und Laufenburg, die Asana-Spitäler Leuggern und Menziken sowie die Hirslanden Klinik in Aarau noch keine Angaben machen können, ob für das aktuelle Geschäftsjahr eine Corona-Prämie ausbezahlt wird.
Das Kantonsspital Aarau, zu dem auch das Spital Zofingen gehört, zahlt keine Corona-Prämie für die gesamte Belegschaft. Allerdings wird seit September 2021 allen Mitarbeitenden der stationären Pflege pensumsabhängig eine Prämie von 150 Franken im Monat und für Mitarbeitende der Covid- und Intensivstationen von 300 Franken pro Monat ausbezahlt. Für kurzfristiges Einspringen gibt es zudem einen «Flexbonus» von 50 Franken. Überdies bemüht sich das KSA um weitere Aktionen über das ganze Jahr, so wurde allen Mitarbeitenden am 24. und 31. Dezember das Essen offeriert. (cri)