«Kontraproduktiv und von oben herab»: Die Aargauer Landwirte stellen sich vehement gegen die Initiative der Umweltverbände
Am Donnerstag haben die Umweltverbände, zusammen mit dem Fischereiverband und dem Landschaftsschutzverband Hallwilersee, ihre Gewässer-Initiative bei der Aargauer Staatskanzlei eingereicht. Diese will 1000 zusätzliche Hektaren des Kantonsgebiets für Wasserflächen, und damit für die Biodiversität, bestimmen.
Das gehe nur zusammen mit der Landwirtschaft, sagte Pro-Natura-Geschäftsführer Matthias Betsche bei der Einreichung. Bauern, die Massnahmen zur Artenvielfalt umsetzen und deswegen einen Teil des Kulturlands nicht bewirtschaften, müssten dafür entschädigt werden, stellte er klar.
Dass das Komitee die Wichtigkeit des Einbezugs der Landwirtschaft derart betont, kommt nicht von ungefähr. Schon als es vor einem knappen Jahr die Initiative lanciert hatte, meldete sich der Aargauische Bauernverband umgehend sehr kritisch zu Wort. Vor einem Monat dann war die Initiative ein Thema an einer Tagung der Landwirte, da äusserten sie sich ebenfalls strikt dagegen. Es war zu erwarten, dass auch am Tag der Einreichung der Initiative einiges an Bedenken aus der Aargauer Landwirtschaft kommt – und so war es dann auch.
Wenig Unterschriften trotz vieler Mitglieder
Der Bauernverband erachte die Gewässer-Initiative sowieso als unnötig, schreibt der Verband in einer Medienmitteilung am Donnerstagabend. Selbst die Initianten krebsten jetzt zurück, glaubt er zu erkennen: Neu wollten sie die zusätzlichen Hektaren Feuchtgebiete zwischen Wald und Kulturland aufteilen, weil sie den Gegenwind gespürt hätten, meint der Bauernverband. Im Initiativtext ist allerdings keine Zahl festgehalten.
Ob denn überhaupt die Mitglieder der Verbände von deren Initiative überzeugt seien, stellen die Aargauer Bauern infrage, denn es erstaune angesichts der grossen Mitgliederzahlen sehr, dass nur gerade 4200 Personen das Volksbegehren unterschrieben haben. Der Bauernverband stellt den Vergleich mit seiner Initiative «Für Ernährungssicherheit» von 2014 an, bei der in weniger als einem halben Jahr fast 12’000 Unterschriften zusammengekommen seien. Für die Einreichung einer Initiative braucht es im Aargau indes einfach 3000 gültige Unterschriften.
Was die Umweltverbände fordern, setzten die Bauernfamilien bereits seit Jahren um, hält der Verband weiter fest. Die Biodiversitätsförderflächen seien in den letzten zehn Jahren verdoppelt worden. Inzwischen entsprechen sie 20 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche, derweil im Siedlungsgebiet am meisten Potenzial liege: «Mehr Biodiversität würde den Siedlungsraum aufwerten, während eine Ausdehnung der Ökoflächen im Landwirtschaftsgebiet auf Kosten der Nahrungsmittelproduktion geht.»
Ausweichen aufs Ausland
Durch Einschränkungen der nachhaltig produzierenden Landwirtschaft in der Schweiz würden die Importe von weniger nachhaltigen Lebensmitteln aus dem Ausland gefördert, warnt der Bauernverband – und das wäre für Feuchtgebiete weltweit schlecht, «dort besteht sogar die Gefahr, dass bestehende Moore trocken gelegt oder der Regenwald abgeholzt wird». Damit die global wachsende Bevölkerung nachhaltig ernährt werden kann, brauche es eben entsprechende Flächen.
Die bestehenden Bestimmungen zur Förderung der Biodiversität reichten aus, resümiert der Bauernverband. Sollte die Steigerung auf Kosten der Nahrungsmittelproduktion gehen, ist dies für die gesamte Nachhaltigkeit kontraproduktiv. Der Bauernverband setze also weiter auf den bewährten Ansatz der Freiwilligkeit und nicht «auf eine Ausscheidung dieser Flächen via Richtplan von oben herab», wie das die Initiative wolle.