Kleine Vereine haben das Nachsehen: Stefanie Heimgartner kämpft für das Überleben von Lottos und Tombolas
Die Regulierung von Glückspiel ist ein wenig eine Gratwanderung. Eine Pokerrunde zu Hause unter Freunden oder die Durchführung kleiner Lottoabende, um Geld für Vereine und andere gemeinnützige Zwecke zu sammeln, sind theoretisch erlaubt, bewegen sich aber in Grauzonen.
Mit dem neuen Geldspielgesetz ab 2021 hatte der Bund den Kantonen gewissen Freiraum für eigene Regelungen überlassen. Dieser betrifft aber vor allem die Ausgestaltung von Bewilligungs- oder Meldeverfahren und nicht, was direkt als Glücksspiel erlaubt ist und was nicht.
Was beim ersten Anblick nach einem liberalen Ansatz aussah, führte in der Praxis «zu einer Überregulierung», wie die Badener Nationalrätin Stefanie Heimgartner (SVP)in einem Vorstoss schreibt. Schuld daran seien nebst den unterschiedlichen Vollzugsregelungen je nach Kanton auch die Frage, ob Gutscheine als Sachpreise gelten können oder nicht.
«Eine restriktive Auslegung des Geldspielgesetzes sorgt bei den Vereinen für erheblichen Unmut, da sie die Durchführung von Tombolas und Vereinslottos mit Gutscheinen massiv erschwert», sagte sie in der Ratsversammlung. Nebst Konsumationsgutscheinen würden auch verloste Minigoldbarren nicht mehr als Sach-, sondern als Barpreise gelten. Doch diese sind bei üblichen Vereinslottos nicht mehr erlaubt.
«Damit das Lotto im Sääli nicht stirbt»
Sachpreise erlaubt das Gesetz, da sie weniger Gefahren für Spielsucht oder Geldwäscherei darstellen. «Ob und wenn ja, welche Gutscheine noch als Sachpreise gelten können, ist eine zurzeit kontrovers diskutierte Auslegungsfrage», schrieb der Bundesrat 2023 als Antwort auf eine Anfrage vom Solothurner Nationalrat Stefan Müller-Altermatt (Mitte).
«Welchen Spielraum sieht der Bundesrat, damit das Lotto im Sääli nicht stirbt?», wollte er damals wissen, nachdem die Geldspielaufsicht des Bundes die Kantone darauf hingewiesen hatte, dass Gutscheine bei Tombolas unzulässig seien. «Für viele Dorfvereine wird dadurch eine wichtige Einnahmequelle überadministriert und geschmälert.»
Stefanie Heimgartner obsiegt gegen den Bundesrat
Der Bundesrat ist aktuell daran, das Geldspielgesetz zu evaluieren. Stefanie Heimgartner will, dass im Rahmen dieser Evaluation auch die Situation im Kleinspielbereich, also eben der Vereinslottos und Vereinstombolas, geprüft wird. Der Bundesrat wollte sich aber nicht dazu verpflichten: Das würde «mögliche Evaluationsergebnisse vorwegnehmen», sagte er und beantragte die Ablehnung der Motion.
In der nun ersten Woche der Herbstsession konnte sich Stefanie Heimgartner aber erfolgreich durchsetzen: Mit 107 Ja zu 74 Nein stimmten die anwesenden Ratsmitglieder für ihre Motion, die nun in die Kommission des Ständerats übergeht.
Verein Freunde der SVP stand schon vor Probleme
Dass die Bestimmungen zu Kleinspielen nicht immer einfach umzusetzen sind, bekam auch der im Bezirk Aarau tätige Verein Freunde der SVP zu spüren. Jahrzehntelang veranstaltete dieser in Oberentfelden kleine Lottoabende, um Geld zu sammeln für Kampagnen der SVP in der Region.
An einem solchen Abend im Herbst 2019 erschien aber unerwartet die Polizei. Der Verein wurde bezichtigt, die vom Kanton bewilligten Einnahmen von 7000 Franken pro Abend überschritten und unzulässig Dauerkarten für alle Lottogänge des Abends verkauft zu haben. Als Preise wurden Migros-Geschenkkarten oder Reisegutscheine vergeben, die die Staatsanwaltschaft als verbotene Bargeld-Gewinne einstufte, obwohl sie der Kanton als Sachpreise bewilligt hatte.
2021 wurde Vereinspräsident und ehemaliger Grossrat Franz-Udo Fuchs wegen diesem Fall vor Gericht zitiert. Er wurde freigesprochen. Weil aber alles zu kompliziert wurde, verzichtete der Verein fortan auf die Lottoabende.