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So begnadigt die Schweiz

Amerikanische Präsidenten können begnadigen, wen sie wollen. Begnadigungen sind darum relativ häufig. Ganz anders in der Schweiz: Da entscheidet eine Kommission – aber höchst selten.

Für Rechtsstaaten sind Begnadigungen sonderbar: Auf die Durchsetzung des Strafrechts wird verzichtet, die Gewaltenteilung durchbrochen. Doch auch in der Schweiz lässt man zuweilen Gnade vor Recht walten. Begnadigungen sind in der Schweiz aber selten. Vor vier Jahren mussten die 246 Mitglieder des National- und Ständerats zuletzt über ein Gesuch entscheiden. Es war das erste Mal nach zwölf Jahren.

Damals ging es um einen tschechischen Betrüger, der wegen mehrfacher qualifizierter Geldwäscherei zu einer Freiheitsstrafe von 36 Monaten verurteilt wurde. Die zuständige Begnadigungskommission des Parlaments hat sich einstimmig gegen eine Begnadigung des verurteilten Straftäters entschieden, was sie auch der Vereinigten Bundesversammlung empfahl. Diese hat die Begnadigung in der Folge abgelehnt.

Während in den USA und vielen anderen Staaten die Regierung oder das Staatsoberhaupt die Möglichkeit hat, verurteilten Personen die Strafe zu erlassen, bildet die Schweiz eine Ausnahme. Zuständig für die Gesuche ist die Begnadigungskommission mit 17 Mitgliedern aus beiden Ratskammern. Sie prüfen den Fall und geben eine Empfehlung für National- und Ständerat ab.

Zwei Begnadigungen seit 1997

Zwischen 1997 und 2024 hat die Vereinigte Bundesversammlung elf Begnadigungsgesuche bearbeitet und zwei davon gutgeheissen. Bei der ersten Begnadigung 1998 ging es um eine Person, die 282’421 Kilogramm zollbegünstigtes Heizöl als Dieselmotorenöl verkauft hatte. Die Person argumentierte mit prekären finanziellen Verhältnissen und zeigte Reue. Die Vereinigte Bundesversammlung erliess ihr einen Teil der Busse.

Die zweite Begnadigung erteilte die Vereinigte Bundesversammlung 2002einem Metzger, der eine Tonne Fleisch illegal importiert hatte. Auch er befand sich in einer prekären finanziellen Lage. Wegen eines Verkehrsunfalls konnte er nicht mehr arbeiten. Auch er zeigte Reue.

Bei allen Verurteilungen ausserhalb der Kompetenz des Bundes ist das Gnadenrecht jeweils Sache des zuständigen Kantons. Hier entscheiden wiederum meist deren Parlamente über Begnadigungen.

In der Schweiz kann nicht nur die verurteilte Person ein Begnadigungsgesuch stellen, auch ein gesetzlicher Vertreter oder ein Ehepartner kann das tun, sofern der Verurteilte eingewilligt hat.