Einmal tragen war gestern: Diese Aargauerin vermittelt Brautkleidern einen zweiten Auftritt
Schon länger hat Sarah Hecht mit der Idee gespielt, sich selbstständig zu machen. Zuvor arbeitete sie einige Jahre in der Brautmodenbranche. «Ich habe schnell gemerkt, das ist meine Welt», so die 30-Jährige. Erst im Sommer feierte sie ihre eigene Hochzeit. Im Vorfeld habe sie ihren heutigen Ehemann gebeten, einen Anzug zu kaufen.
«Zu Beginn wollte er nicht einsehen, wieso er Kleider kaufen soll, die er wahrscheinlich nur einmal anziehen würde.»
Letztendlich habe er es dann aber trotzdem getan. Das Argument, Hochzeitskleider nicht nur einmal anzuziehen, blieb Hecht aber in Gedanken.
Die gelernte Detailhandelsfrau startete online daraufhin einen Aufruf. Das Ziel: Gebrauchte Hochzeitskleider für einen Secondhand-Laden zu sammeln. «Schon am ersten Tag meldeten sich über 30 Personen», erzählt Hecht. Die Zahl wuchs in den Folgetagen immer weiter. Die Angebote kamen zum Teil sogar aus Graubünden. «Ich musste dann alle Bilder anschauen und entscheiden, welche ich im Laden ausstellen würde.» Für alle habe sie im neuen Geschäft nicht Platz.
Mehrere Stile für jede Grösse
Das wichtigste Kriterium bei der Auswahl: «Die Kleider müssen einigermassen zeitlos sein», so Hecht. Hinzu komme, dass möglichst alle Grössen und alle Schnitte vorhanden sein sollten. «Ob A-Linien-, Prinzessinnen- oder enge Kleider. Die angehende Braut soll alles probieren können», findet sie. Stand jetzt habe sie bei «Brutliebi» – so heisst ihr Geschäft – 40 Kleider im Angebot. Dieses verändere sich aber laufend. Alleine jetzt habe ihr ein Brautmodengeschäft, das schliessen musste, angeboten, ihr Lager von rund 200 Kleidern zu durchsuchen. «Sie wussten nicht, was sie sonst mit den ganzen Kleidern machen sollten», so Hecht.
Nicht nur Geschäfte, sondern auch die ehemaligen Bräute seien bei der Abgabe ihrer Hochzeitskleider jeweils erstaunlich locker, wie die Ladenbesitzerin feststellte: «Viele meinten, es spiele keine Rolle, ob das Kleid jetzt bei mir im Geschäft oder bei ihnen im Kleiderschrank hängt», sagt sie lachend. Die Abgabe habe zudem auch Vorteile für alle Beteiligten. «Wenn ich ein Kleid verkaufe, dann erhält die ehemalige Besitzerin 70 Prozent des Erlöses», sagt die Gontenschwilerin.
Bis zur Hochzeit hat sie kein Kleid anprobiert
Auch für die Kundschaft lohnt sich der Besuch in den Secondhand-Shop: «In den Brautmodengeschäften, in denen ich bisher arbeitete, hatten Kundinnen im Schnitt ein Budget von rund 2000 Franken für ihr Hochzeitskleid», erinnert sich Hecht. Bei ihr variieren die Preise von rund 500 bis etwa 1600 Franken.
Trotz deutlich tieferen Preisen will Hecht bei «Brutliebi» die Brautkleider-Shopping-Erfahrung in vollem Umfang bieten, wie sie sagt: «Es gibt etwas zu essen und zu trinken und wenn die Kundin ‹Ja› zu einem Kleid sagt, dann wird angestossen.» In den Jahren als Verkäuferin und Beraterin in Brautmodenläden hat sie diese Erfahrung schon mehrmals mitgemacht. Selber ein Kleid anprobiert habe sie in dieser Zeit aber nie. «Ich wollte mir selber nicht den Zauber rauben», sagt sie lachend. Ab Mitte Dezember können Kundinnen diesen Zauber nun auch bei «Brutliebi» selber erleben.