Seltener Fund in Thalheim: Über 4000 Jahre alte Abfalldeponie wird zur archäologischen Schatztruhe
Im Spätsommer begleiteten Mitarbeitende der Kantonsarchäologie während zwei Wochen den Bauaushub von Mehrfamilienhäusern in Thalheim. Da man vor einigen Jahren in der Nähe eine frühmittelalterliche Siedlung dokumentiert hatte, beobachteten sie die Bauarbeiten äusserst aufmerksam. Zum Vorschein kam nicht ein Teilstück einer mittelalterlichen bis frühneuzeitlichen Strasse, wie zuerst vermutet, sondern – wie man seit letzter Woche weiss – eine verfüllte Runse, also ein alter Bachlauf, der mit gleichmässigem Schotter vollgeschwemmt war. «Die Bäche im Jura schwemmten immer wieder Erde und Kies an», erklärt Christian Maise, Bereichsleiter Ausgrabungen für vorrömische Epochen der Kantonsarchäologie auf Anfrage. «Und auf diesen Schwemmfächern wurde früher gern gesiedelt.»
Die Grabungen in Thalheim brachten Weiteres zu Tage. «Wir haben in einer über 4000 Jahre alten Abfalldeponie archäologische Raritäten entdeckt», freut sich Christian Maise. Auf einem Kiesstreifen stiess man auf einen kleinen Bereich aus dem Frühmittelalter (6./7. Jahrhundert v. Chr.), der Teil eines befestigten Platzes war.
Funde aus der Glockenbecherkultur sind selten
Beim weiteren Aushub kamen Keramikscherben zum Vorschein. «Als der zuständige Mitarbeiter, ein erfahrener Grabungstechniker, diese gesehen hat, war ihm sofort klar, dass es sich dabei um einen sehr seltenen Fund handelt», berichtet Maise. Die Fragmente stammen von einem Gefäss aus der so genannten Glockenbecherkultur, die am Ende der Jungsteinzeit, um etwa 2450 bis 2150 v. Chr., angesiedelt ist. «Diese Epoche wurde vor 150 Jahren von Fachleuten so benannt, weil die Gefässe, deren Scherben man gefunden hat, von der Form her an eine Glocke erinnern.»
Fundstellen aus der Glockenbecherkultur sind in der Schweiz sehr selten. Und auch im Aargau gibt es erst zwei davon. Zusammen mit weiteren Scherben von Glockenbechern aus einer Ausgrabung 2023 in Herznach bilden die Keramikgefässe aus Thalheim einen der raren Belege von Siedlungen am Ende der Jungsteinzeit im Kanton Aargau.
Die neu gefundenen Scherben seien «extrem mürbe» gewesen, erzählt Christian Maise. Man habe sie nun im Labor vorsichtig gereinigt und die Stücke so weit möglich zusammengeklebt. Öffentlich gezeigt werden sie vorerst nicht. «Sie kommen bei uns ins Magazin und vielleicht wird irgendwann etwas dazu publiziert», verspricht Maise. Werde allerdings irgendwo eine Ausstellung geplant, würden die Thalheimer Funde selbstverständlich aus dem Depot geholt – und ein zweites Mal ans Licht gebracht.