Gregor Hasler im zt Talk: «Wir möchten, dass der Kopf der Chef ist»
Die «Darm-Hirn-Connection» heisst der Bestseller des Freiburger Professors und Psychiaters Gregor Hasler. Darin beschreibt er die engen Verbindungen zwischen unserem Verdauungstrakt und dem menschlichen Denkorgan. Am 14. Februar ist Hasler mit einem Vortrag an der Volkshochschule Zofingen zu Gast – im zt Talk sprach er vorab über die engen Wechselwirkungen zwischen Darm und Hirn – und die Gründe dafür.
«Das hat mit der Evolution zu tun», sagt Hasler. «Primitive Lebewesen waren wie Darmstücke, die im Meer herumschwammen.» Vom Mund aus begann sich das Hirn zu bilden. «Es war am Anfang primär dazu da, den Darm zu steuern. Es hat extrem auf den Darm hören müssen.» Umgekehrt fliessen Informationen und Hormone vom Darm Richtung Hirn. «Unbedingt intuitiv ist das nicht. Wir möchten, dass der Kopf der Chef ist. So, dass der Kopf den Darm braucht und ihm Befehle gibt. Es ist unangenehm zu sehen, dass es umgekehrt ist.»
Welches Essen macht den Menschen nun glücklich? «Das mit der Happiness ist komplex», sagt Hasler. «Es gibt eine kurzfristige Happiness.» Dafür ist Zucker das Beste. Er sorgt für ein Sicherheits- und Belohnungssignal. «Er gibt einem einen Dopamin-Kick – das ist, als ob man eine Droge nehmen würde.» Im Moment fühlt man sich sehr gut dabei. Der Nachteil ist, dass dieses Gefühl abstürzt: «Es wird Insulin ausgeschüttet, der Zuckerspiegel bricht ein. Man fühlt sich müde, erschöpft, verärgert – und hat wieder Hunger.» So gesehen ist Zucker eher ein «Happiness-Killer», wie Hasler sagt. Wer auf kurzfristige Zuckerschübe verzichtet, verspürt zwar keinen Kick. «Wenn ich dafür langsam etwas Gutes esse, wie ich das heute gemacht habe, dann fühle ich mich den ganzen Vormittag über fit.»
Zur Person
Prof. Dr. med. Georg Hasler ist in Basel geboren und in Luzern aufgewachsen. Er studierte Medizin in Zürich und in den USA. 2003 erwarb er den Facharzttitel Psychiatrie und Psychotherapie FMH, 2007 folgte die Habilitation an der Medizinischen Fakultät der Universität Zürich. Seit 2019 ist er Ordinarius für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universität Freiburg und Chefarzt des Freiburger Netzwerks für Psychische Gesundheit. Gregor Hasler wurde im Laufe seiner Karriere mit diversen Preisen ausgezeichnet, zum erste Mal 1986 mit dem Preis der Stiftung «Schweizer Jugend forscht». (pp)
Für eine ausgewogene Ernährung ist zunächst Protein wichtig. «Wenn man gar kein Protein isst, bleibt man hungrig.» Wichtig sind zudem Faserstoffe. «Sie geben einen Boden und sorgen dafür, dass die Verdauung nicht zu schnell vor sich geht.» Fett und etwas Zucker sorgen für Energie. Wichtig ist die Reihenfolge, so Hasler. «Es ist gut, mit Salat anzufangen. Das gibt einen Boden.» Süsses sollte man höchstens zum Schluss essen. «Wichtig ist, dass man nicht snackt.» Essen sei für den Körper auch Stress, der abgebaut werden muss. Wer sich von Snack zu Snack ernährt, setzt seinen Köper ständigem Stress aus. «Das erschöpft einen letztlich.» Man fühlt sich «hangry» – eine Mischung aus hungry (hungrig) und angry (verärgert). Setzt man Fett an, wird man noch unzufriedener – «ein Teufelskreis, der nicht gut ist».
Menschen ziehen bei Entscheidungen in Betracht, wie sich etwas anfühlt – hier spielt der Bauch eine wesentliche Rolle, weil er sehr eng mit dem Hirn verbunden ist. «Es ist wie in einer guten Demokratie: Man hört einmal, was der Bauch zu sagen hat.» Das kann man auch üben: «Achtsamkeitsübungen sind wichtig, auch beim Essen selbst. Langsam essen und darauf achten, wie man sich fühlt.»
Und: «Wenn Menschen hungrig sind, dann werden sie impulsiv. Wenn sie schön gesättigt sind, dann sind sie ausgeglichener.» Bei einer ausgewogenen Ernährung schwankt der Zuckerspiegel weniger, was Entscheidungen letztlich konsistenter mache.
Der Bestseller
Gregor Haslers Buch «Die Darm-Hirn-Connection» (Klett-Cotta, 368 Seiten) wurde zum Bestseller. Es wurde bereits rund 100 000 mal verkauft. Das Buch beschreibt den aktuellen Stand der Wissenschaft und präsentiert die neusten Erkenntnisse über das Mikrobiom im menschlichen Körper. Eine ausgewogene Ernährung, so die These, hält den Darm gesund – was wiederum entscheidend für die psychische Gesundheit ist. Hasler hat als Jugendlicher unter Darmbeschwerden, später an Übergewicht gelitten. «Es ist mir gelungen, beide Probleme zu überwinden.» pp)
Fasten tue dem Körper gut, weil Essen auch eine Verunreinigung darstelle: «Der Körper muss alles wieder büscheln und regulieren.» Deshalb sei vor allem das Grundfasten – das Fasten zwischen den Mahlzeiten – für den Körper gut. Die nächste Stufe, das Intervallfasten, habe sich als sehr effizient für die Gewichtsabnahme erwiesen. Auch Heilfasten kann guttun: «Das ist wie ein Reset: Das Insulin, das auch Entzündungen fördert, kommt runter. Man kann mit weniger Essen recht glücklich sein – das kann eine gute psychologische Erfahrung sein.»