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Nach willkürlichen Honorar-Kürzungen: Abmahnung für Oberrichter Jann Six bei den Behördenwahlen

Der Grosse Rat hat gestern mehr als 100 Behördenvertreter für die Amtsperiode 2023 bis 2026 gewählt. 

Die Grossratssitzung am Dienstag stand ganz im Zeichen der Behördenwahlen. Die Grossrätinnen und Grossräte mussten Richterinnen, Staatsanwälte und Bankräte für die Amtsperiode 2023 bis 2026 wählen.

Die Wahlen haben im Vorfeld viel zu reden gegeben. Die Wahl des leitenden Staatsanwalts für die Bezirke Zofingen-Kulm hat der Regierungsrat verschoben. Das Geschäft ist noch nicht behandlungsreif. Simon Burger muss sich als einziger Amtsträger einer separaten Wahl stellen – voraussichtlich im November.

Doch nicht nur die Justizaffäre um Simon Burger gab zu reden. Zwei Wochen vor den Gesamterneuerungswahlen hat das Bundesstrafgericht das Aargauer Obergericht in 17 Fällen gerügt, weil es in den Jahren 2020, 2021 und 2022 mehreren Pflichtverteidigern willkürlich die Honorare gekürzt hat. 16 Fälle betreffen die 1. Strafkammer, die Oberrichter Jann Six (SVP) präsidiert.

Der Aargauische Anwaltsverband kritisierte die Kürzungspraxis scharf und nahm die Justizleitung und Politik in die Pflicht, der «fehlgeleiteten Rechtsprechung» einen Riegel zu schieben. In Bezug auf die Gesamterneuerungswahlen gelte es, genau hinzuschauen.

«Verbesserungen seitens Gericht werden zwingend nötig sein.»

Die Wortmeldungen vor der Wahl deuteten nicht daraufhin, dass es für Jann Six oder andere Oberrichterinnen und Oberrichter eng werden könnte. Désirée Stutz stellte klar, die SVP-Fraktion werde alle vorgeschlagenen Personen unterstützen. Diese brächten alle Voraussetzungen mit, um ein so wichtiges Amt auszuüben.

Grünen-Grossrat Markus Dietschi sagte, die willkürlichen Honorarkürzungen seien keine Bagatelle. «Verbesserungen seitens Gericht werden zwingend nötig sein.» Auf die heutige Wahl zu verzichten, sei jedoch «unverhältnismässig», so Markus Dietschi.

Jann Six holt 113 von 133 Stimmen

Um 16.15 Uhr verkündete Grossratspräsidentin Elisabeth Burgener die Wahlresultate. Alle Oberrichterinnen und Oberrichter sind wiedergewählt worden. Alle haben deutlich mehr Stimmen erreicht als das absolute Mehr, das bei 67 Stimmen lag.

Auffällig ist trotzdem, dass Jann Six mit 113 von 133 Stimmen von allen Oberrichterinnen und Oberrichtern am wenigsten Stimmen erhalten hat. Six wurde auch als Ersatzmitglied der Justizleistung gewählt – hier ist der Abstand zu den anderen Gewählten noch grösser: Er hat 95 Stimmen geholt, die anderen vier Ersatzmitglieder mindestens 128.

Kurt Bobst ist neuer Bankratspräsident

Die Aargauische Kantonalbank hat einen neuen Präsidenten. Die Grossrätinnen und Grossräte haben Kurt Bobst gewählt. Neu in den Bankrat gewählt wurden zudem Barbara Bourouba und David Strebel.

Mehr Wahlvorschläge als Sitze zu vergeben, gab es nur beim Erziehungsrat. Stefanie Rohr (EVP) wurde nicht gewählt. Dafür ist Tanja Primault-Suter, ehemalige SVP-Grossrätin, neu im Erziehungsrat. Auch Lara Forsblom (Grüne) wurde neu in das Gremium gewählt.

Bei der Staatsanwaltschaft gab es keine Überraschungen. Der Grosse Rat wählte alle vorgeschlagenen Personen, womit nur noch die Wahl von Simon Burger offen ist.