Riesen-Ärger bei der FDP über das Steuergesetz: «Mittelstand und Wohneigentümer werden massiv belastet»
Sollen die Steuergesetzrevisionen 2025 und 2027 in einem Gesamtpaket beraten werden? Und sollen sie womöglich auf einen Schlag eingeführt werden? Vor diesen Fragen stand der Regierungsrat, bevor er die Vorlage zur Umsetzung der Steuerstrategie 2022–2030 für die zweite Beratung im Grossen Rat ausgearbeitet hat. Denn in der ersten Lesung von Ende März hatte die Regierung den entsprechenden Prüfungsauftrag erhalten. Die zweite Lesung steht voraussichtlich Anfang Dezember an.
Mittlerweile steht fest: Der Regierungsrat hält an der Staffelung fest. Nun hat sich die grossrätliche Kommission für Volkswirtschaft und Abgaben über die Vorlage aus dem Departement von Finanzdirektor Markus Dieth (Mitte) gebeugt. Es zeigte sich: Die Staffelung ist umstritten.
Befürworter der Staffelung in der Mehrheit
Die Befürworter der Staffelung nennen – wie der Regierungsrat – zwei Gründe. Erstens wollen sie das zweite Paket an Massnahmen später umsetzen, weil man dann aktuelle Zahlen berücksichtigen und auf die neuesten Entwicklungen reagieren könnte. Zweitens sei die Umsetzung für die kantonale Verwaltung und die Gemeinden einfacher, weil dabei kein Gesetz rückwirkend in Kraft treten würde.
Die Gegner der gestaffelten Umsetzung wollen die drei Massnahmen des zweiten Pakets dagegen früher einführen. Einerseits sei die Finanzlage des Kantons gut, andererseits könnten die Gemeinden dankdes neuen Schätzungswesens (Eigenmietwert neu 62 statt 60 Prozent)mit höheren Einnahmen rechnen.
Das zweite Paket der Steuergesetzrevision sieht drei Massnahmen vor. Erstens: Bei den Einkommenssteuern soll die oberste Tarifstufe auf 9,75 Prozent gesenkt werden. Die Kommission stimmte dem grossmehrheitlich zu. Zweitens ist ein Kleinverdienerabzug bei den unteren Einkommen vorgesehen. Die Kommission hiess diesen einstimmig gut. Drittens: Die Grundstückgewinnsteuer soll erhöht und an die Nachbarkantone angeglichen werden. Eine deutliche Mehrheit der Kommission lehnte dies allerdings ab.
Gegner stellten in der Kommission den Antrag, das zweite Massnahmenpaket in die Beratung der Steuergesetzrevision 2025 aufzunehmen, wobei die Änderungen auf Anfang 2026 in Kraft treten sollten. Die Gemeinden sollten damit ausreichend Zeit für die Umsetzung erhalten. Die Mehrheit der Kommission verwarf den Antrag allerdings und hielt an der Staffelung fest.
«Kann nicht sein, dass Kanton weiter Vermögen anhäuft»
Die FDP reagiert «enttäuscht» auf diese Abstimmung, wie es in ihrer Mitteilung vom Montag heisst. Es sei nicht ersichtlich, wieso die Umsetzung des zweiten Pakets nicht per Anfang 2026 erfolgen soll. Auch sie argumentiert mit der guten Finanzlage des Kantons. Dieser hat in den letzten Jahren nicht nur sämtliche Schulden getilgt. Der Topf der Ausgleichsreserve ist zudem mit fast einer Milliarde Franken gefüllt.
Aufgrund sehr guter Aussichten hält es die FDP für realistisch, dass die Reserven per Ende 2024 weiter wachsen. «Es kann nicht sein, dass der Kanton weiter Vermögen auf Kosten der Steuerzahler anhäuft», sagt Fraktionspräsident Silvan Hilfiker. Der Ärger über den Fahrplan der Regierung ist unüberhörbar. Im Grossen Rat kündigt sich damit eine kontroverse Debatte an.
Die FDP fordert, die Bevölkerung zu entlasten, statt Staatsvermögen anzuhäufen. «Mit der Erhöhung des Eigenmietwerts und der Liegenschaftswerte werden Mittelstand und insbesondere Wohneigentümer massiv belastet», schreiben die Freisinnigen. «Diese Steuereinnahmen müssen komplett zurückgegeben werden.» Die FDP kündigt erneut an, bei der Beratung des Budgets 2025 eine Senkung des Kantonssteuerfusses um 3 Prozentpunkte zu beantragen.
Umstrittener Kinderabzug bei Kindern bis 14 Jahren
Im ersten Paket der Steuergesetzrevision schlägt der Regierungsrat tiefere Vermögenssteuern, höhere Kinderabzüge sowie höhere Abzüge für externe Kinderbetreuung und für Aus- und Weiterbildungen vor. Umstritten in der Kommission war der Abzug für Kinder bis 14 Jahre. Die Mehrheit der Kommission ist für 9000 Franken, wie das der Grosse Rat in erster Lesung beschlossen hatte. Der Regierungsrat schlägt für die zweite Lesung 8200 Franken vor. Aktuell sind es 7300 Franken.