Sie sind hier: Home > Hausarzt > «Monopolistisches, protektionistisches Verhalten»: SVP-Grossrat kritisiert Aargauer Hausärztevereine

«Monopolistisches, protektionistisches Verhalten»: SVP-Grossrat kritisiert Aargauer Hausärztevereine

Wollen niedergelassene Fachärzte auch im Hausarztmodell versicherte Patienten behandeln, müssen sie Mitglied in einem privaten Hausärzteverein sein. Jedoch würden sie besonders oft ausgeschlossen, kritisiert SVP-Grossrat René Bodmer. Er vermutet Willkür.

Dass es im Kanton Aargau kein Überangebot an Hausärztinnen und Hausärzten gibt, ist bekannt.Umso bemerkenswerter ist ein Vorstoss des Aargauer SVP-Grossrats René Bodmer. Dieser vermutet bei einigen Hausärztevereinen ein «monopolistisches, protektionistisches Verhalten», weil sie oft niedergelassene Fachärztinnen und Fachärzte ausschlössen, die hausärztliche Dienste anbieten wollten.

Um Patienten zu versorgen, welche im Hausarztmodell versichert sind, und diese bei den Krankenkassen abrechnen zu können, müssen die Ärztinnen und Ärzte Mitglied in einem Hausärzteverein respektive Ärztenetz sein. Diese Vereine sind im Aargau regional organisiert, so gibt es etwa einen in der Region Aarau, Brugg oder Wohlen. Mit den Netzwerken soll die Grundversorgung besser gesteuert und effizienter gemacht werden. Zudem versuchen die Vereine, mit Weiterbildungsangeboten die Qualität zu verbessern.

Hinzu kommt eine wirtschaftliche Komponente: Die Aargauer Hausärztevereine haben Verträge mit Argomed, einer Organisation, die unter anderem Verträge für die Hausarztmodelle mit den Krankenkassen verhandelt. Den Ärzten ist es laut Bodmer nicht möglich, mit Argomed direkt zu arbeiten. In seiner Interpellation heisst es, dieses «monopolähnliche Konstrukt» beinhalte «ein grosses Missbrauchspotenzial», welches zumindest durch gewisse Hausärztevereine auch ausgenutzt werde.

Werden Fachärzte häufig ausgeschlossen?

René Bodmer, Grossrat SVP.
Bild: zvg

Konkret müssten die Ärzte jedes Jahr an sechs sogenannten Qualitätszirkeln teilnehmen, schreibt Bodmer. An diese Veranstaltungen werden Spezialärztinnen oder Referenten eingeladen, man bespricht komplexe Fälle, vertieft Schwerpunktthemen oder diskutiert Sparmöglichkeiten. Das soll der Qualitätssicherung dienen. Argomed leistet Zahlungen an die Zirkel, um die Besuche der Anlässe zu vergüten.

Aus Sicht des SVP-Politikers gibt es aber ein Problem: Zum Teil würde die vorgeschriebene Anzahl Veranstaltungen nicht angeboten. «Zusätzlich kommt hinzu, dass es nicht so viele Qualitätszirkel gibt, um die Nachfrage zu befriedigen». Könne ein Arzt nicht nachweisen, dass er sechs Veranstaltungen besucht habe, werde er wieder aus dem Hausärzteverein ausgeschlossen, selbst wenn das notwendige Angebot gar nicht bestanden habe.

Vor allem Fachärzte, welche sich zusätzlich zugunsten der hausärztlichen Versorgung engagieren wollten, würden oft von einer Mitgliedschaft ausgeschlossen, stellt Bodmer fest. «Solche Entscheide scheinen willkürlich zu erfolgen.» Er vermutet «protektionistische, marktregulierende Gründe».

Als Beispiel nennt er den Hausärzteverein der Region Aarau, der Ärzte einer Gruppenpraxis ausgeschlossen habe. Das führe laut eigenen Aussagen dazu, dass rund 2000 Patientinnen und Patienten eine neue hausärztliche Versorgung finden müssen.

Vom Regierungsrat möchte René Bodmer unter anderem wissen, ob es im Interesse einer flächendeckenden, guten medizinischen Versorgung der Aargauer Bevölkerung sei, wenn es privaten Vereinen mit einem hohen ökonomischen Interesse überlassen werde, wer am Wettbewerb teilnehmen dürfe und wer ausgeschlossen werde. Ausserdem fragt er, ob der Regierungsrat «das monopolistische Konstrukt zwischen Argomed und den Hausärztevereinen» als wünschenswert erachte.

Gebietsfremden Fachärzten fehlen die Kompetenzen

Vom Verband der Haus- und Kinderärztinnen Aargau (mfe) heisst es auf Anfrage der AZ: Mit einem monopolistischem und protektionistischem Verhalten habe das alles nichts zu tun. Im Gegenteil: Hausarztmodelle seien «sinnvoll und höchst effektiv in der Einsparung von Kosten und Verbesserung der Qualität». Um diese Ziele zu erreichen, müsse das Netz frei entscheiden können, welche Ärztinnen und Ärzte es aufnehme.

Der Beitritt könne an Bedingungen wie die regelmässige Teilnahme an einer Mindestanzahl von Qualitätszirkeln oder ähnlichen Qualitätsförderungsmassnahmen gebunden sein. Die detaillierten Kriterien für eine Aufnahme lägen in der Kompetenz eines Ärztenetzes.

Wie häufig Fachärztinnen und Fachärzte aus Hausärztevereinen ausgeschlossen würden, sei dem Verband nicht bekannt. Auch dass die Nachfrage nach Veranstaltungen nicht befriedigt werden könne, lasse sich nicht bestätigen: «Es ist uns nicht bekannt, dass dies ein Problem darstellt.»

Weniger Hürden für Fachärzte, die im Hausarztmodell versicherte Patienten behandeln wollen, scheint für den Verband der falsche Weg. Hausärzte seien quasi Spezialisten für die Grundversorgung. «Ein Facharzt oder eine Fachärztin für ein anderes Fachgebiet hat nicht die Kompetenzen für eine hausärztliche Tätigkeit.»