Der Plan war folgender: Auf dem gut zweistündigen Flug von Santiago de Compostela nach Basel am letzten Montag wollte ich diesen Bsetzistei hier schreiben. Naheliegendes Thema: Nemo. Historischer Sieg am ESC, der Veranstaltung mit der höchsten Einschaltquote weltweit, die ungefähr so viel mit Musik zu tun hat wie der Brönznauer Fasnachtsumzug. Zuerst brauchte ich aber dringend etwas in den Magen und holte das Käsesandwich, das ich am Flughafen gekauft hatte, aus dem Rucksack. Bereits beim Entfernen der Frischhaltefolie sah ich, dass das Ding den Namen Sandwich nicht im Geringsten verdiente: Brot, Scheibenkäse – Ende Gelände! Butter, Mayo, Gurke, Tomate oder Petersilie – alles, was auch nur ansatzweise dabei geholfen hätte, dieses trockene Elend runterzuwürgen, fehlte. Solche kulinarischen Totalabstürze können mich richtig wütend machen, das muss ich gestehen. Mit schlechter Laune über Nemo schreiben, das spürte ich sofort, das kommt wahrscheinlich nicht so gut raus. Ganz besonders darum, weil das Schreiben über non-binäre Personen ebenfalls schnell trocken werden kann, weil ja, wie wir inzwischen alle wissen, auch da ein entscheidendes Schmiermittel fehlt: das passende Pronomen. Ich gab auf, bevor ich angefangen hatte. Als ich das Flugzeug in Basel verliess – in Jeans, Kapuzenpulli und Regenjacke –, schlug mir eine unangenehm schwüle Hitze entgegen. Beim Gedanken daran, am nächsten Morgen schwitzend im Büro zu sitzen, fluchte ich. In der Kleiderordnung unseres Unternehmens fehlt eben leider auch Entscheidendes in der Liste der für Männer erlaubten Kleidungsstücke: kurze Hosen und Birkenstocks zum Beispiel. Plötzlich überkam mich ein Anflug von Neid auf Nemo und non-binäre Personen im Allgemeinen. Wie befreiend könnte es doch sein, sich nicht um lästige geschlechtsspezifische Stereotypen scheren zu müssen und ganz ungeniert in einem luftigen, geblümten Sommerkleidchen (das allerdings maximal eine Handbreit über dem Knie enden dürfte) im Büro zu erscheinen! Oder in Nemos ESC-Outfit! Es müsste ja nicht zwingend pink sein. Wobei: warum eigentlich nicht?