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Ein unnötiger Krimi, aber egal: Die Schweizer Frauen-Nati startet mit Sieg in die Heim-EM

Nach einem zwischenzeitlichen Zehn-Tore-Vorsprung müssen die Schweizer Handballerinnen am Ende gegen die Färöer zittern. Doch sie gewinnen und bewahren sich alle Chancen auf die Hauptrunde.

Schon erstaunlich, wie schnell im Handball manchmal das Momentum den Besitzer wechseln kann. Da lag die Schweizer Frauen-Nati zum Auftakt in ihre Heim-EM schier uneinholbar vorne, hatte den Gegner eigentlich schon bezwungen und musste am Ende doch noch bangen. Um ihren ersten Sieg an einer EM-Endrunde überhaupt.

«Es war fast so, als ob wir Angst vor unserem eigenen Erfolg bekommen haben» sagte Daphne Gautschi, als das Adrenalin noch floss, aber der Match beendet war. Die Rückraumspielerin war es, die in den finalen Minuten für die kollektive Erlösung besorgt war, mit drei Toren aus einem 25:24 ein 28:25 machte. 28:25, so hiess es auch zum Schluss. Und die Schweizerinnen hatten, was sie wollten. «Das Entscheidende ist, dass wir gewonnen haben», sagte Knut Ove Joa.

Auf diesen Krimi hätte der Trainer gerne verzichtet

Glücklich wirkte er nicht wirklich, der Trainer der Frauen-Nati. Eher erleichtert. Krimis mögen sie in seinem Herkunftsland Norwegen gerne, doch auf einen ebensolchen hätte er an diesem Freitagabend lieber verzichtet. Auch Ove Joa vermochte nicht recht zu erklären, wie ein zwischenzeitlicher Zehn-Tore-Vorsprung derart zusammenschmolz, dass gegen limitierte Färingerinnen noch gebibbert werden musste. «Es war uns bewusst, dass die Färöer in der Lage sind, bis zum Schluss alles zu geben», schob Kreisläuferin Tabea Schmid später nach. Doch die Ereignisse in der zweiten Halbzeit waren dann doch vielmehr der eigenen Fehlerhaftigkeit geschuldet als an einem Erstarken der Kontrahentinnen.

Zur Pause hatte die Schweiz in der mit 4670 Zuschauern respektabel gefüllten, aber nicht ausverkauften St. Jakobshalle noch komfortabel geführt – 13:7. Doch hatten die Startminuten gewissermassen eine kleine Vorahnung darauf gegeben, was später folgen sollte. Die ersten Aktionen veranschaulichten nämlich, wie zittrig die Hände vor der ungewohnten Kulisse waren. Zwei Fehlwürfe in Folge reihte die Schweiz aneinander, erst in der 5. Minute erlöste Schmid den Anhang mit dem 1:0, nach schönem Zuspiel von Captain Kerstin Kündig.

Nicht alles klappte zu Spielbeginn bei den Schweizerinnen.
Bild: Georgios Kefalas / KEYSTONE

Die gute Nachricht war, dass eine Equipe noch viel nervöser war: jene der Färöer. Schrittfehler, überhastete Abschlüsse aus schlechter Position, derart sah man vom Gästeteam zuhauf, bei den Schweizerinnen aber auch.

In der 11. Minute schliesslich schüttelte ein Erweckungserlebnis die Nati wach, als Torhüterin Lea Schüpbach einen Siebenmeter parierte, beim Stand von 4:2. Wenig später traf Flügelspielerin Mia Emmenegger traumhaft zum 5:2, und kurz darauf noch einmal, zum 6:2. So dass dem Färinger Coach Simon Olsen nichts anderes übrig blieb, als das Timeout zu bemühen. Auf Schweizer Seite beruhigte der Doppelschlag derweil die strapazierten Nerven, er wirkte wie Baldrian, in mehr als nur homöopathischer Dosis.

Spielerisch muss eine klare Steigerung her

Wiederholt profitierten die Schweizerinnen nun von gegnerischen Missgeschicken, Mal um Mal stibitzten sie den Ball, wie geschickte Diebinnen. Das nächste Färinger Timeout wurde gezogen, 9:3 stand es da, nun versuchte man, der Schweiz mit der Taktik einer zusätzlichen Feldspielerin beizukommen. Doch die Umstellung war nur kosmetischer Natur, aufs Zwischenergebnis hatte sie wenig Einfluss, die Minuten verrannen bis zur Pause im selben Duktus.

Captain und Schlüsselspielerin Kerstin Kündig konnte noch nicht überzeugen.
Bild: Georgios Kefalas / KEYSTONE

Und dann, ja dann, zeigte sich, dass spielerisch noch einiges im Argen liegt. Auf der Spielmacherposition etwa wird Ove Joa Lösungen finden müssen, weder die routinierte Kündig noch die junge Nuria Bucher konnten überzeugen. Und auf dem rechten Flügel wird sich die sonst abgeklärte Emmenegger nicht wieder diese Vielzahl an vergebenen Chancen erlauben können, nur drei ihrer sieben Würfe brachte sie im Tor unter. Neben Gautschi (acht Tore) und Schmid (sieben) erreichte am ehesten noch Goalie Schüpbach mit einer Abwehrquote von 31 Prozent Normalform.

Womöglich hilft den Schweizerinnen, dass sie am Sonntag nicht mehr müssen, sondern dürfen, wenn in Basel der grosse Medaillenfavorit Dänemark gegenübersteht. Ihr Endspiel um den Einzug in die Hauptrunde am kommenden Dienstag gegen Kroatien hat die Nati dank des Siegs gegen die Färöer bereits gebucht.

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