«Bin der stolzeste Captain der Welt» – «Waren keine richtigen Schweizer»: Die Stimmen zur heroischen Deutschland-Niederlage
Was für ein Kampf, was für ein Handball-Spiel. Die Schweiz drängt Vize-Olympiasieger Deutschland an den Rand einer Niederlage. Dennoch geht das Spiel mit 29:31 verloren. Ist da nun Ärger über die Niederlage oder Stolz über das Gezeigte? Die Stimmen zum Spiel.
Samuel Röthlisberger: «Es wäre mehr möglich gewesen»
«Wenn wir später auf dieses Spiel zurückschauen, dann können wir sicher stolz sein. Jetzt bin ich aber nur enttäuscht», sagt Abwehrchef Samuel Röthlisberger unmittelbar nach Spielschluss und schiebt nach: «Es wäre mehr möglich gewesen.»
Erneut hätten Kleinigkeiten gefehlt. Es seien wenige Minuten gewesen, in denen man sich nicht belohnt habe, sagt der Berner. Trotz der 31 Gegentore findet Röthlisberger lobende Worte für die Abwehrleistung, obwohl man in der zweiten Hälfte einige einfache Würfe zu viel zugelassen habe. «Das grosse Ganze und der Kampf haben gestimmt.»
Felix Aellen: «Verlieren ist immer blöd»
Im ersten WM-Spiel hat er viel Druck verspürt, der danach abgefallen ist: Felix Aellen, der 21-jährige Regisseur vom BSV Bern. Gegen Deutschland spielt er phasenweise grandios, wirft sechs Tore. Hinterher sagt er: «Mit meiner Leistung kann ich mehr oder weniger zufrieden sein, auch wenn ich noch ein paar Fehler zu viel gemacht habe. Ich konnte es geniessen.»
Wie war es nun gegen das grosse Deutschland mit dem Druck, war der noch da? «Heute hatten wir weniger Druck, auch wegen des Gegners. Wir hatten nichts zu verlieren.» Er und seine Teamkollegen hätten die Leistung gegenüber dem Tschechien-Spiel verbessern wollen, und das sei gelungen. Aber: «Verlieren ist immer blöd.»
Was hätte man besser machen müssen, um eben nicht als Verlierer vom Platz gehen zu müssen? «In den letzten Minuten leisten wir uns ein paar technische Fehler zu viel und Deutschland macht drei schnelle Tore. Das bricht uns das Genick.»
Nikola Portner: «So bringen wir Kinder in der Schweiz zum Handball»
Andy Schmid hatte vor dem Spiel gesagt, das Resultat sei zweitrangig, wenn man eine gute Leistung gegen Deutschland zeige. Die Vermutung liegt aber nahe, dass der ehrgeizige Nikola Portner das anders sieht. Darauf angesprochen sagt er: «Da fragen Sie den Richtigen. Ich kann nicht zufrieden sein, wenn wir verlieren.»
Dennoch schiebt er hinterher: «Ich bin heute wahrscheinlich der stolzeste Captain der Welt. Was wir heute geliefert haben, wie wir die Schweiz vertreten haben, das ist fantastisch. So bringen wir junge Mädchen und Buben zum Handball. Heute waren wir nicht die kleine Schweiz.»
Portner spricht die starke Leistung seines Gegenübers, Andreas Wolff, an, obschon er selbst wieder ein Top-Rückhalt war, gegen Timo Kastening parierte er gar mit dem Kopf. «Das ist eine lustige kleine Geschichte. Ich kenne Timo auch ausserhalb des Feldes gut, das war keine Absicht von ihm und er hat sich entschuldigt. Aber ich war überglücklich, dass ich in dieser Szene kein Tor bekommen habe.»
Andy Schmid: «Die Leidensbereitschaft hat uns ausgezeichnet»
«Wir wollten nicht noch einmal in das gleiche Messer laufen wie in den letzten beiden Vergleichen», sagt Nationaltrainer Andy Schmid als Erstes. «Wir haben ein sensationelles Länderspiel gezeigt. Meiner Meinung nach waren wir über 60 Minuten gesehen die bessere Mannschaft. Andi Wolff rettet Deutschland den Sieg, und das nicht zum ersten Mal.»
Weiter sagt Schmid: «Ich bin stolz auf meine Mannschaft, obwohl ich glaube, dass stolz nicht ausreicht.» Er habe seinen Spielern gesagt, dass diese Niederlage auch weh tun soll. Der Coach sagt auch: «Wir waren heute keine richtigen Schweizer. Zwar haben wir das Schweizer Kreuz mit Stolz auf der Brust getragen, aber wir hatten genau jene Attribute, die es für ein Handballspiel braucht, wir waren hilfsbereit und kämpferisch. Jeder auf dem Feld hat seinen Job erledigt. Die Leidensbereitschaft hat uns ausgezeichnet.»
Wie sehr schmerzt ihn die Niederlage? «Mir tut das auch weh. Ich bin noch zu nahe an der Zeit dran, als ich noch selbst Spieler war. Aber für das liebe ich diesen Sport, ich will diese Gefühle, dieses Auf und Ab, solche Spiele wie heute.»