Sie sind hier: Home > Handball > So funktioniert Handball, auf und neben dem Platz: Die Schweizer erhalten von Dänemark eine Lehrstunde

So funktioniert Handball, auf und neben dem Platz: Die Schweizer erhalten von Dänemark eine Lehrstunde

Unsere Handball-Nati kassiert gegen Gastgeber und WM-Favorit Dänemark eine 28:39-Niederlage. Damit ist der ziemlich unrealistische Traum vom Einzug in die Viertelfinals geplatzt.

Es ist beinahe furchteinflössend, als zehn Minuten vor Anpfiff «Thunderstruke» von AC/DC aus den Boxen dröhnt und gegen 15’000 dänische Fans ordentlich abgehen. Es ist ekstatisch, als die Menschen ihre Helden, die seit 32 WM-Spielen ungeschlagen sind und die letzten drei Weltmeisterschaften gewonnen haben, empfangen. Es ist bewegend, als in diesem Tollhaus die Hymne ertönt, nach wenigen Takten der Ton abgestellt wird und nur noch der inbrünstige Gesang der Fans zu hören ist. Und es ist ernüchternd aus Schweizer Sicht, wenn das Publikum schon nach 15 Minuten Spielzeit in Partylaune ist.

Natitrainer Andy Schmid wünscht sich vor dem Spiel, «dass wir die erste Mannschaft sind, die an dieser WM in der Pause gegen Dänemark noch im Spiel ist». Das gelingt nicht. Bei Halbzeit liegen die Schweizer mit 11:18 zurück. Weil genau das eintrifft, was Schmid prognostiziert hat: «Du kannst gegen die Dänen machen was du willst, die finden immer eine Lösung.»

Andy Schmid leidet während der Partie gegen seinen Freund Nikolaj Jacobsen auf der Bank.
Bild: Keystone

Andy Schmid versucht seinen Freund Nikolaj Jacobsen auszutricksen

Fehlenden Mut kann man der Schweiz in dieser elektrisierten Atmosphäre nicht vorwerfen. Denn Schmid hält Wort. Er versucht, was noch keine Mannschaft bislang gegen die Dänen versucht hat. Er lässt variabel und offensiv verteidigen. Aber sein Mentor, Kontrahent und guter Freund Nikolaj Jacobsen findet bald die passende Lösung, bringt einen siebten Feldspieler für den Torhüter, womit die Schweizer Abwehr Mühe hat. Kommt dazu, dass Jacobsen unfassbar gute Spieler zur Verfügung hat.

Im Kader der Dänen stehen sieben Spieler bei einem von 16 Champions-League-Klubs unter Vertrag dazu neun Spieler von den Bundesliga-Topklubs Kiel und Flensburg. Die Schweiz hat auf vergleichbarem Level Goalie Portner (Magdeburg) und Flügel Noam Leopold (Nantes).

Wie gross der Leistungsunterschied zwischen den beiden Teams ist, unterstreichen die Wettquoten: Für einen Sieg der Dänen gibts nur den Einsatz zurück. Bei einem Remis liegt die Quote bei 45, bei einem Sieg der Schweiz bei 50. Auf diese Partie hätten die Wettanbieter wohl prima verzichten können.

Die Dänen demontieren bis jetzt alles und alle an dieser WM

Hier die Weltmacht Dänemark, da die Schweiz, die an diesem Turnier angedeutet hat, dass sie sich der Weltspitze etwas angenähert hat. Andy Schmid sagt aber: «Aber da gibt es ein Team, das sich klar abhebt von der Weltspitze: Dänemark.» Und weil das so ist, demütigen die Skandinavier zwei Tage vor dem Erfolg gegen die Schweiz selbst den Medaillenanwärter Deutschland mit 40:30.

Mathias Gidsel (Mitte) ist derzeit der aufregendste Handballer der Welt und setzt sich hier gegen die Schweizer Röthlisberger (links) und Steenaerts durch.
Bild: EPA

Einen Tag vor dem Spiel schickte Schmid Jacobsen eine Nachricht mit dem Hinweis, dass Mathias Gidsel zuletzt müde auf ihn gewirkt habe und er ihm eine Pause empfehle. «Vergiss es, mein Freund», antwortet Jacobsen. Wenn der Welthandballer Gidsel auf der Platte steht, ist das für das dänische Publikum und neutrale Fans zwar wunderschön anzuschauen. Aber für Gegner der Horror, weil man diesen wendigen, trickreichen und abgezockten Rückraumspieler nicht kontrollieren kann.

Und die Krux an Spielen gegen Dänemark: Sie zaubern nicht nur vorne, sondern verteidigen mit einer Härte und einem Spielverständnis, wie es ihrem Status als Weltmacht entspricht. Und wenn sie doch mal auf den Torhüter Emil Nielsen angewiesen sind, kann es sein, dass er wie gegen die Schweiz die ersten fünf Abschlüsse pariert.

Emil Nielsen, bei Barcelona unter Vertrag, weist gegen die Schweiz eine überragende Quote von 45 Prozent abgewehrter Bälle auf.
Bild: Keystone

Nach dieser Niederlage ist klar: Die Schweiz kann auch mit einem Erfolg am Samstag gegen Italien den Viertelfinal nicht mehr erreichen. Ungeachtet der erstaunlichen Fortschritte unserer Handballer war das sowieso fern jeder Vorstellungskraft.

Schreiben Sie einen Kommentar