Welche Auswirkungen haben die Trump-Zölle auf die Aargauer Firmen?
Es sei «der dümmste Handelskrieg aller Zeiten», kommentierte die US-amerikanische Wirtschaftszeitung «Wall Street Journal» die Drohung von Donald Trump, einen Strafzoll von 25 Prozent für Importe in die USA aus den Nachbarländern Kanada und Mexiko einzuführen. Diese Massnahme traf auch China, mit einem Zoll von 10 Prozent.
Grossunternehmen wie Montana Aerospace oder Accelleron, dazu weitere Aargauer Firmen im Bereich Chemie oder Medtech, erwirtschaften einen beachtlichen Teil ihres Umsatzes in den USA. Schweizer Unternehmen mit Tochterfirmen in China, Mexiko und Kanada würden von den jetzigen Massnahmen stark betroffen sein, liess der Tech-Industrie-Verband Swissmem kürzlich gegenüber dem «Blick»verlauten. Dies, weil nicht alle die Mehrkosten auf die Kundschaft in den USA abwälzen können.
Doch: Standorte von Schweizer Firmen in China bedienen eher den asiatischen Markt und nicht die USA. Eher ein Problem hätten Firmen,die in Mexiko Produktionsstätten errichtet haben, um – dank des eigentlich geltenden Freihandelsabkommens – günstiger in die USA zu liefern.
Bertschi: Niederlassung in China dient China selbst
Die Logistikfirma Bertschi mit Hauptsitz in Dürrenäsch hat 2023 ein grosses Logistikzentrum für chemische Gefahrgüterim Grossraum Schanghai eröffnet. Dieses dient laut Unternehmen dazu, der Bertschi-Kundschaft bei ihrer Expansion in China zu unterstützen und den dortigen Importmarkt für flüssige Spezialchemie weiterzubringen.
Die global agierende Logistikfirma sei den Entwicklungen der Weltwirtschaft natürlich ausgesetzt, liess das Unternehmen vor einem Jahr verlauten. Nicht die US-Zölle in China dürften hinderlich sein, vielmehr der insgesamt entfachte geopolitische Handelskrieg.
Bertschi beschäftigt 3200 Personen an fast achtzig Standorten auf drei Kontinenten.Gut 700 Angestellte sind im Aargau tätig. Zu Beginn vor allem eine Alpen-Transitfirma, erzielt das heutige Weltunternehmen weniger als 5 Prozent seines Umsatzes von rund 1 Milliarde Franken in der Schweiz.
Zehnder: «Falls erforderlich, können wir die Montage anpassen»
Die Firma Zehnder mit Hauptsitz in Gränichen führt mehrere Ableger weltweit, darunterin China, den USA oder Kanada. Die Standorte in den USA konzentrieren sich an der Ostküste oder bei den Niagara-Fällen. Zehnder Clean Air Solutions in Buffalo liegt gut sieben Kilometer Luftlinie von der kanadischen Grenze entfernt.
Ein kanadischer Standort liegt in Vancouver, ebenfalls wenige Kilometer von der Landesgrenze. 2022 wurde auchdie Firma Airia in Ontario aufgekauft, um das Geschäft mit den Lüftungen in ganz Nordamerika zu stärken. Nun hat Kanada als Kontermassnahme seinerseits 25 Prozent Zollgebühr auf Produkte aus den USA verhängt. Falls Kooperationen zwischen den Produktionsstandorten zunehmend erschwert oder Lieferketten in Nordamerika über längere Zeit gestört würden, könnte es auch für Zehnder kompliziert werden.
Auf Anfrage sagt Zehnder-Finanzchef René Grieder, dass sie die Entwicklungen aufmerksam verfolgen. In China produziere Zehnder mehrheitlich für den lokalen Markt. Und bei den Produktionsstätten in den USA und in Kanada habe die Firma Handlungsspielräume. «Falls erforderlich, können wir die Montage anpassen, da wir in beiden Ländern vertreten sind», erklärt er. Der Grossteil der Produkte werde lokal gefertigt und vertrieben.
Beachten müsse man aber mögliche Auswirkungen auf Komponenten und Rohmaterialien durch die Zölle. «In einigen Fällen wird sich der Effekt nur durch Preisanpassungen ausgleichen lassen», sagt er. «Da aber auch die Wettbewerber in einer ähnlichen Situation sind, gehen wir davon aus, dass Preiserhöhungen am Markt durchsetzbar sein werden.»
Zehnder stellt Heizungen, Kühlungen oder Lüftungen her. Die Weltfirma aus Gränichen mit gut 700 Millionen Euro Jahresumsatz gab zuletzt bekannt, mehr in Ost- und Südeuropa investieren zu wollen. 80 Prozent des Firmenumsatzes werden in der EU generiert.
Suhner: Niederlassung in Mexiko, aber auch in den USA
Betroffen sein könnte auch die Suhner Gruppe mit Sitz in Lupfig. Gut 700 Personen beschäftigt das Unternehmen weltweit, seit über dreissig Jahren auch mit einer Niederlassung in Mexiko. Mexiko galt für Suhner aber nie als Zwischenstation für Exporte in die USA: Vielmehr wurde das Potenzial des dortigen Markts hervorgehoben. «Aus industrieller Sicht sehen wir in Mexiko ein grosses Wachstum», hiess es in einer Mitteilung von 2022.
Auf Anfrage bestätigt Verwaltungsratspräsident Jürg Suhner: Mexiko werde von der Schweiz aus mit Werkzeugen für die Oberflächenveredelung beliefert. «Dort erwarten wir keinen Effekt, da wir keinen Warenverkehr zwischen Mexiko und den USA haben.»
Dasselbe gelte auch für China, wo Suhner eine Fertigungsstätte habe, von der aus lokale Kunden mit Komponenten für Werkzeuge versorgt werden. Warenverkehr zwischen China und den USA gebe es nicht. «Wir sind in all diesen Märkten tätig, bedienen diese aber so, dass wir nicht Opfer dieser potenziellen Strafzölle werden.»
Suhner führt auch Tochterunternehmen in den USA selbst.Im Firmenbeschrieb von Suhner Abrasive USAwerden zum Beispiel die massgeschneiderten Lösungen seitens der Firma angepriesen. Suhnerfokussierte sich zuletzt auf Wartungen und Beratungensowie den Vertrieb von Produkten anderer Hersteller. Man sei heute nicht mehr nur Fabrik,sondern auch Webshop, Dienstleister oder Logistikfirma.