Hansueli Bircher im zt Talk: «Die Fusion wäre an der Gmeind hochkant bachab gegangen»
Seine sonore Stimme und sein unerschrockenes Auftreten machen Hansueli Bircher zu einem gefragten Gast auf Podien – ebenso gefragt ist in der Energiewirtschaft seine Erfahrung als Jurist. Aarburg holte den heute 66-Jährigen vor rund zehn Jahren an Bord, um die Elektrizitäts- und Wasserversorgung aus der Gemeindeverwaltung auszugliedern und diese in eine Aktiengesellschaft zu überführen, die tba energie ag (die Kleinschreibung ist im Handelsregister so eingetragen). Als die AG operativ wurde, übernahm Bircher das VR-Präsidium. Er war die treibende Kraft hinter dem Entscheid Aarburgs, aus den Fusionsverhandlungen mit den drei anderen regionalen Energiewerken auszusteigen.
Wie ist es dazu gekommen? Hansueli Bircher war am Anfang ein Befürworter der Fusion. «Ich fand, der Zeitpunkt könnte gut sein, um miteinander in die Zukunft zu gehen.» Nach intensiven Gesprächen habe sich aber herauskristallisiert, dass ein Zusammenschluss mit drei anderen Partnern nicht optimal wäre. «Das hat verschiedene Gründe. Die tba ist in einem stark regulierten Markt tätig. Es kann uns niemand hineinfunken. Wir müssen in Aarburg die Grundversorgung mit Strom und Wasser sicherstellen. Einzig Grosskunden mit über 100 Megawattstunden können auf dem freien Markt einkaufen. Wir haben also den Überblick, wieviel wir verkaufen können.»
Die StWZ AG sei – anders als die tba – im Gasgeschäft engagiert, die EW Oftringen AG wolle ihr Glasfasernetz ausbauen. In beiden Bereichen sieht Bircher Risiken. Am Gasgeschäft beteiligt sein – vor allem auf dem Hintergrund des Ukrainekriegs – wolle die tba nicht. «Das wird ein teurer Spass – wir haben aber nichts davon in Aarburg.» Das Gleiche gelte für das Glasfasernetz: «Meine persönliche Meinung ist, dass das nicht rentieren kann.» Die grossen Player wie Sunrise oder Swisscom seien zu stark. «Auch hier müssten wir zahlen, hätten aber ebenfalls nichts davon.» Die tba sei zudem bereits sehr schlank und effizient aufgestellt. «Dienstleistungen, die wir nicht selber machen wollen, kaufen wir ein – beispielsweise die Buchhaltung.» Auch finanziell stehe die tba auf sehr soliden Füssen. «Wir haben absolut keine Existenzsorgen.» Aus all diesen Gründen seien der VR der tba und der Gemeinderat grossmehrheitlich zum Schluss gekommen, dass ein Ausstieg aus den Fusionsgesprächen der bessere Weg sei.
Was sagt er zum Argument der Fusionsbefürworter, dass ein grösseres Unternehmen die Energiezukunft in der Region besser meistern könne als vier kleine? Die Grösse eines EWs sage nichts über seine wirtschaftliche Stärke aus. «Wir haben in der Schweiz über 600 kleine EWs, die gut aufgestellt sind und hervorragend funktionieren.» Zusammenschlüsse dagegen seien keine Garantie für besseres Funktionieren, wie Beispiele aus den Kantonen Ob- und Nidwalden zeigten. Mit einer Fusion der vier EWs in der Region wären auch Arbeitsplätze zur Disposition gestanden. «Ein Mitarbeiterschutz während zwei oder drei Jahren wurde von den anderen EWs abgelehnt, das wollten sie nicht eingehen.» Hatten die tba-Chefs im VR und in der Geschäftsleitung Angst um ihre Jobs? Ging es also auch um Besitzstandwahrung? Bircher verneint: «Auf keinen Fall. Aber die Mitarbeitenden hatten Angst.» Zudem sei der Fusion in Aarburg eine «enorme Gegnerschaft» erwachsen. Bekannte Aarburger seien dagegen, ebenso grosse Teile der bürgerlichen Parteien. «Die Mitarbeitenden sind komplett dagegen. Das weiss man.» Fazit: Spätestens an der Gemeindeversammlung wäre die Fusion «hochkant bachab gegangen», sagt Bircher. Das Nein zur Fusion sei aber keine Absage an Kooperationen; wo diese Sinn machen, sei man dazu weiterhin bereit, betont er.
Er selbst habe als VR-Präsident ein Jahressalär von 15000 Franken. Bircher lässt durchblicken, dass es ihm nicht ums Finanzielle geht: «Die Firma ist mir ans Herz gewachsen. Ich habe sehr viel Herzblut investiert und viel Zeit, die mit diesem Honorar nicht abgedeckt ist. Aber ich habe es gerne gemacht – und es hat viel Spass gemacht. Die tba ist ein tolles Unternehmen.»
Erfahrener Energiewirtschaftsjurist
Hansueli Bircher (1956) schloss sein Jura-Studium an der Universität Zürich 1984 mit dem Lizenziat ab, zwölf Jahre später absolvierte er den Master of Law in Europarecht an der Universität Augsburg. Dieses Zweitstudium brachte er in nur einem Jahr hinter sich. Er war Gerichtsschreiber am Bezirks- und Arbeitsgericht Aarau und Rechtskonsulent und Leiter Dienste bei der AEW Energie AG in Aarau. Im Jahr 2000 wurde der Stv. Direktor und Leiter Markt/Politik/Public Affairs und Recht beim Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE). Bircher war Partner bei der SwissLegal AG in Aarau, bevor er vor rund drei Jahren als Partner und Energiewirtschaftsjurist in die Aarauer Kanzlei Siegrist Ries & Partner wechselte. Er ist verheiratet und lebt in Suhr.