
Aargauer Politiker von links bis rechts fordern Massnahmen gegen Hausärztemangel
Der Hausärztemangel ist in der ganzen Schweiz ein Thema.Doch im Aargau ist die Situation prekärer als in anderen Kantonen.Er hat die zweittiefste Hausärztedichte der Schweiz. In den nächsten Jahren werden viele pensioniert, was die Lage zusätzlich verschärften dürfte. Das bereitet Aargauer Politikerinnen und Politikern von links bis rechts Sorgen.
Severin Lüscher (Grüne), Clemens Hochreuter (SVP), Tobias Hottiger (FDP). Karin Faes (FDP), Sabina Freiermuth (FDP), Hampi Budmiger (GLP), Therese Dietiker (EVP), Jürg Knuchel (SP), Lucia Engeli, (SP) und Andre Rotzetter (Mitte): All diese aktuellen und ehemaligen Grossratsmitglieder wollten im Dezember von der Regierung erfahren, mit welcher Strategie sie einer möglichen Unterversorgung entgegentritt.
Im Hinblick auf dieGesundheitspolitische Gesamtplanung (GGpl 2030)und dieeinheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen (Efas) möge der Regierungsrat darlegen, wie der Kanton Aargau die medizinische Grundversorgung sicherstellen und eine ambulante Unterversorgung verhindern will.
Denn: Im Gegensatz zum stationären Bereich fehle bei der ambulanten Gesundheitsversorgung eine rechtliche Grundlage für Leistungsaufträge, Beteiligungen oder Abgeltungen, bemängeln die Grossratsmitglieder. Solche Instrumente seien umso wichtiger, weil sich der Kanton wegen der im November angenommenen Efas-Vorlage neu an den Kosten der ambulanten Versorgung beteiligen müsse.Derzeit kann er lediglich über einen Zulassungsstopp für bestimmte Ärztinnen und Ärzte bei Überversorgung entscheiden.
Kanton unterstützt bereits diverse Projekte
Nun liegt der Bericht des Regierungsrats vor. Dieser verweist vor allem auf die bestehenden und schon geplanten Massnahmen, mit denen die Regierung den Haus- und Kinderärztemangel angehen will.
Bereits heute könne der Kanton finanzielle Mittel einsetzen, um die Grundversorgung im ambulanten Bereich sicherzustellen. Im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Leistungen (GWL) vergüte der Kanton diverse Leistungen, die der ambulanten Grundversorgung zugutekämen. Dazu zählt der Regierungsrat zum Beispiel Rotationsassistenzstellen für angehende Hausärztinnen oder die Weiterbildung in Hausarztpraxen. Man verfolge das Ziel, diese Leistungen sowie den Einsatz von medizinischen Praxiskoordinatoren auszuweiten: «Wo möglich und notwendig, fördert der Kanton Aargau dieses private Engagement finanziell», schreibt der Regierungsrat.
Zudem fördere der Kanton Pilotprojekte,dazu gehört etwa die «Interprofessionelle Hausarztpraxis Muri Plus», die er mit insgesamt 1,46 Millionen Franken während fünf Jahren unterstützt.Die Praxis soll die hausärztliche Grundversorgung im Bezirk Muri verbessern. Ausserdem investiert der Kanton 1,25 Millionen Franken, um innerhalb von vier Jahren bis zu 22 neue Praxisassistenzstellen zu schaffen.
Geringe Hausarztdichte heisst nicht automatisch Unterversorgung
Was den Blick in die Zukunft betrifft, verweist der Regierungsrat auf die Gesundheitspolitische Gesamtplanung. Eine «nachhaltige Gesundheitsversorgung» soll gewährleistet werden, «indem der Kanton Aargau Fachkräfte gezielt fördert, Anreize für Aus- und Weiterbildung schafft und die Niederlassung von Fachkräften im Kanton unterstützt». Wie das konkret aussehen soll, ist unklar.
Weiter weist der Regierungsrat darauf hin, dass der Begriff der Unterversorgung bisher nicht definiert sei. Eine unterdurchschnittliche Dichte von Hausärzten bedeute nicht automatisch eine Unterversorgung. Bei der Beurteilung seien auch weitere Faktoren wie beispielsweise die Behandlung am ausserkantonalen Arbeitsort oder die subjektive Wahrnehmung der Bevölkerung zu berücksichtigen.
Im Rahmen der Gesundheitsplanung will der Regierungsrat eine allfällige Unterversorgung sowie die «angemessene» ärztliche Grundversorgung im ambulanten Bereich definieren. Ausserdem sollen «kurz- sowie langfristige Massnahmen im Fall einer relevanten Unterversorgung für die Regionen» erarbeitet werden. Ein kantonales Versorgungskonzept soll bis 2026 vorliegen.