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SVP-Grossrat stellt den Opferschutz ins Zentrum und fragt nach Verbesserung der Fussfessel-Praxis

Stephan Müller stellt dem Regierungsrat eine ganze Reihe von Fragen zur 24/7-Überwachung von «Electronic Monitoring» im Aargau. Weil das Bundesgericht den Anwendungsbereich ausgeweitet hat, braucht es seiner Meinung nach eine Neubeurteilung der Fussfessel-Praxis.

Fussfesselträger, die ihre Strafe im Hausarrest verbüssen, werden im Aargau – wie in vielen anderen Kantonen – nur zu Bürozeiten überwacht. In Echtzeit werden Personen mit elektronischen Fussfesseln im Aargau nur in Ausnahmefällen überwacht. Laut dem Leiter des kantonalen Amts für Justizvollzug ist das so vorgesehen, weil bei Rückfallgefahr das sogenannte «Electronic Monitoring» gar nicht erst bewilligt würde. Für die Echtzeitüberwachung rund um die Uhr beauftragt der Kanton eine externe Firma.

Zu diesem Thema reicht SVP-Grossrat Stephan Müller zusammen mit sieben weiteren Ratsmitgliedern aus verschiedenen Parteien am 4. März eine Interpellation ein. Müller, der von Beruf Untersuchungsbeauftragter ist, erwähnt in seinem Vorstoss den erweiterten Anwendungsbereich beim «Electronic Monitoring» nach einem Bundesgerichtsurteil vom Mai 2024.

Spanien überwacht Täter und Opfer rund um die Uhr

«Mit dieser Praxisänderung ist Electronic Monitoring als Strafvollzugsform auch bei teilbedingten Freiheitsstrafen möglich, sofern der unbedingt vollziehbare Teil der Freiheitsstrafe maximal zwölf Monate beträgt», so der Interpellant. Da die Gesamtstrafe (bedingter und unbedingter Teil) nun bis zu drei Jahre sein dürfe, statt nur ein Jahr wie zuvor, könnten elektronische Fussfesseln auch bei Straftätern zum Einsatz kommen, die wegen einer strafbaren Handlung gegen die sexuelle Integrität (beispielsweise Vergewaltigung) verurteilt worden seien.

Stephan Müller aus Möhlin ist seit zwei Jahren SVP-Grossrat.
Bild: zvg

Für den Opferschutz im Bereich häusliche Gewalt oder Stalking sollten die Bewegungen des Straftäters gemäss Müller rund um die Uhr registriert und überwacht werden können. In Spanien mache man seit einigen Jahren gute Erfahrungen mit einem kombinierten Einsatz von Electronic Monitoring. Dabei würden die Bewegungen von Opfer und Tatperson rund um die Uhr registriert und überwacht. Im Notfall werde die polizeiliche Intervention zum Opferschutz eingeleitet. Der Kanton Zürich habe dazu 2023/24 einen Pilotversuch durchgeführt, schreibt Müller.

Pikett-Telefon oder Überwachungszentrale?

Von der Regierung wollen die Interpellanten unter anderem wissen, mit welcher Technik Rayon- und Kontaktverbote sowie die verfügten Auflagen im Opferschutz überwacht werden. Müller fragt, was passiert, wenn eine Person gegen die verfügten Auflagen verstösst: «Wie viel Zeit vergeht zwischen Feststellung des Verstosses und einer entsprechenden Intervention? Wie läuft eine solche Intervention ab?» Der SVP-Grossrat will weiter wissen, ob das Amt für Justizvollzug ein Pikett-Telefon für Electronic Monitoring betreibt, damit im Notfall durch die Polizei der aktuelle Standort einer Person eruiert und die nötigen Informationen eingeholt werden können.

Schliesslich erkundigen sich die Interpellanten, ob der Regierungsrat bereit wäre, die gängige Praxis auszubauen: mit dem dynamischen Modell aus Spanien oder mit der Schaffung einer kantonalen oder überkantonalen Überwachungszentrale, um Fussfesselträger rund um die Uhr zu kontrollieren. Sie erwähnen auch, den Einsatz künstlicher Intelligenz zu prüfen, um bei einem Verstoss der Fussfesselträger eine sofortige Alarmierung oder Intervention sicherzustellen.