Warum schlurfen auch Erwachsene so gerne durchs Herbstlaub?
Wir ziehen wieder die Füsse nach. Absichtlich. Jedes Jahr, wenn die Blätter gefallen sind und die Gehwege plötzlich anders sind: gelb-braun-rot. Sie riechen nach Laub. Und vor allem hat unser Schritt jetzt eine ganz besondere Vertonung.
Wen man auch fragt: Die meisten Erwachsenen beginnen zu schlurfen, wenn vor ihnen Raschelflächen liegen. Je mehr Kind in einem, desto eher beginnen wir zusätzlich zu mäandern, um alle Laubhaufen zu erwischen, statt wie sonst zügig zu unserem Ziel zu schreiten.
Warum mögen wir das? Wenn es um die Sinne geht, sind Ergotherapeutinnen und -therapeuten die Spezialisten. Und so muss Andri Cavegn, Co-Vizepräsident des Ergotherapieverbandes Schweiz, auch nicht lange überlegen. Er sagt: «Beim Laub-Gehen erleben wir das Ursache-Wirkung-Prinzip: Jeder Schritt ein Ton und eine neue Spur im Laub.»
Beim Spazieren hätten wir generell offenere Sinne, so Cavegn. Und das Rascheln der Blätter unter unseren Füssen sei der perfekte Reiz, damit wir auf eine gute Art angeregt würden: «Es beruhigt und stimuliert gleichzeitig, weil eine Überreaktion nicht möglich ist. Überschüssige Kraft verpufft in den trockenen Blätter sofort. Und auch wenn man voll hineinkickt, wird das Rascheln nicht lauter.» Deshalb würden auch Kinder, die im Laub spielen, nie verkrampft wirken, sondern harmonisch, sagt Andri Cavegn.
Ein bisschen Selbstwirksamkeit für den Tag
Wenn wir nicht Kinder gewesen wären, würden wir als Erwachsene vielleicht nicht auf die Idee kommen, die Füsse schleifen zu lassen. Aber die Langeweile hat uns damals gezeigt, dass alles ein Spiel werden kann: der Tannzapfen auf dem Trottoir fliegt in einer gezielte Flanke davon, der Gartenzaun wird im Vorbeigehen ein Xylofon und das Laub gibt dem Gehen Rhythmus: Raschel links, raschel rechts, raschel links, raschel rechts.
Dieses Erlebnis gibt es nicht das ganze Jahr über, daher bleibt es speziell. Also losgeschlurft! Bis der Spaziergang im Schnee im Winter dann wieder ganz anders ist.