Nothilfe für Palästinenser: Trotz Widerstand will der Bundesrat die UNRWA mit zehn Millionen unterstützen
Eigentlich wollten die Bürgerlichen Parlamentarier dem umstrittenen Palästinenser-Hilfswerk der UNO (UNRWA) die Unterstützung entziehen. Doch dann kam die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats (APK) Anfang Mai überraschend auf den Grundsatzentscheid zurück – und beugte sich der Realpolitik als Folge des Gaza-Kriegs.Konkret verlangten die Aussenpolitiker, der Bundesrat solle einen Teil der Gelder für humanitäre Hilfe im Nahen Osten an die UNRWA freigeben. Einen Franken-Betrag nannte die APK allerdings nicht.
Nur eine Woche nach dem Entscheid macht die Schweiz Nägel mit Köpfen: Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom Mittwoch beschlossen, 10 Millionen Franken an den humanitären Appell des Hilfswerks für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten zu leisten. Wie die Landesregierung schreibt, ist der Beitrag «auf Gaza und die Finanzierung der dringenden Bedürfnisse des UNRWA Humanitarian Emergency Appeal» beschränkt.
Mit dem Geld will das UNO-Hilfswerk von April bis Dezember Projekte finanzieren. Die UNRWA ist in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Hilfs- und Sozialdienste, Verbesserung von Infrastruktur und Bedingungen in den Lagern sowie Mikrofinanzierung und Nothilfe tätig.
«In seiner Gesamtbeurteilung stützt sich der Bundesrat auf die Analyse des so genannten Colonna-Berichts sowie auf die Koordination mit anderen Geldgebern», schreibt die Landesregierung. Die französische Ex-Aussenministerin Colonna hatte im Auftrag der UNO Vorwürfe gegen die UNRWA wegen ihrer angebliche Nähe zur Hamas untersucht – und das Hilfswerk zumindest teilweise entlastet. Noch nicht geklärt ist jedoch die Frage, inwiefern allenfalls Mitarbeitende des Hilfswerks am Hamas-Massaker vom 7. Oktober beteiligt gewesen sein sollen.
Um die Hilfsgelder und um deren allfällige Höhe, hat zuvor auch der Bundesrat bereits seit Wochen gerungen. Noch Mitte April konnte sich die Landesregierung nicht zu einem Entscheid durchringen und vertagte das Geschäft.
Parlament hat das letzte Wort
Vor der effektiven Freigabe der Nothilfe-Gelder will der Bundesrat denn auch nun nochmals die Aussenpolitischen Kommissionen der eidgenössischen Räte konsultieren, wie er weiter schreibt. Damit wird bei der seit Jahren strittigen Frage der humanitären Unterstützung der Palästinenser das Parlament also mitreden können.
Die nun vom Bundesrat vorgeschlagenen Nothilfe-Gelder in der Höhe von 10 Millionen Franken sollen diebereits im April bewilligten 56 Millionen Franken für humanitäre Hilfe im Nahen Osten ergänzen. Dieses Geld geht an verschiedene Organisationen wie etwa das Schweizerische Rote Kreuz.
Laut dem Aussendepartement in Bern wird mit dem Betrag humanitäre Hilfe in Irak, Jordanien, Libanon, Syrien und in den besetzten palästinensischen Gebieten inklusive Gaza (rund 8 Millionen Franken) geleistet. Der Bundesrat hatte 2023 zudem als Reaktion auf die Eskalation des Nahostkonflikts zusätzliche 90 Millionen Franken für die humanitäre Nothilfe gesprochen.(sat/dk)