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Ein Sicherheitsrisiko: Im Aargau finden ein Dutzend Gefangenentransporte statt pro Tag – und es werden immer mehr

Im Aargau finden jedes Jahr mehr als 4000 Gefangentransporte statt. Das seien zu viele, fand die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rats und nahm den Regierungsrat in die Pflicht. Dieser ist bereit, einen Bericht vorzulegen.

Im Aargau werden jedes Jahr rund 1800 Personen inhaftiert. Wird eine Person verhaftet, stellt sich vielfach die Frage, ob sie die Haft antreten kann, ohne dass ihre Gesundheit oder ihr Leben dadurch gefährdet wird. Bestehen Zweifel an der Hafterstehungsfähigkeit, muss die Person im Zentralgefängnis Lenzburg medizinisch abgeklärt werden – auch dann, wenn sie in einem der Bezirksgefängnisse in Aarau, Baden, Kulm oder Zofingen inhaftiert wird.

Die Person muss also von A nach B und wieder zurück transportiert werden, damit sie untersucht werden kann. Gleiches gilt für das Erfassen der Fingerabdrücke. Dazu müssen die Häftlinge aus dem Gefängnis ins Polizeikommando in Aarau und wieder zurück gefahren werden.

Das zeigt: Nur schon der Hafteintritt einer Person kann mit diversen Gefangenentransporten verbunden sein. Dazu kommen Fahrten ans Gericht, zum Arzt oder ins Spital. In den letzten Jahren gab es im Aargau jedes Jahr rund 4200 Gefangenentransporte. Das sind fast 20 Prozent mehr als 2017.

Das seien zu viele, findet die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rats. Sie forderte den Regierungsrat in einem Postulat auf, zu prüfen,mit welchen Massnahmen die Transporte reduziert werden können. Diese belasteten nämlich nicht nur die Kantonspolizei, sondern stellten auch ein Sicherheitsrisiko dar. Im Oktober 2022 machte der Fall eines Tunesiers Schlagzeilen, dem am Bahnhof Aaraubeim Aussteigen aus einem Gefangenentransporter die Flucht gelang.

Regierung will auch Videobefragungen prüfen

Der Regierungsrat gibt den Postulantinnen und Postulanten recht. Der Aufwand der Kantonspolizei entspreche Kosten im Umfang von ungefähr einer Million Franken und der Jahresarbeitszeit von ungefähr 7,5 Vollzeitstellen, schreibt er in der Antwort auf den Vorstoss. Für das Korps seien die Transporte eine grosse Belastung, insbesondere weil der Aargau über die schweizweit tiefste Polizeidichte verfüge.

Bei Transporten von Personen mit geringem Gewaltpotenzial und verminderter Fluchtgefahr wird die Kapo von einem privaten Sicherheitsdienst unterstützt. Das kostet jährlich weitere rund 285’000 Franken.

Der Regierungsrat ist bereit, das Postulat entgegenzunehmen und zu prüfen, wie sich die Anzahl Gefangentransporte reduzieren lässt. Optimierungspotenzial sieht er beispielsweise beim Hafteintritt. Gegenwärtig sei eine Zentralisierung angedacht, damit alle erforderlichen Handlungen, wie zum Beispiel das Fotografieren oder Abnehmen von Fingerabdrücken, am gleichen Ort durchgeführt werden können. Der Regierungsrat geht davon aus, dass sich die Anzahl Transporte dadurch «markant» reduzieren dürfte.

Weiteres Potenzial sieht er bei Amtshandlungen wie Einvernahmen oder Hafteröffnungen. Diese sollen nach Möglichkeit in den Gefängnissen und nicht am Sitz der jeweiligen Behörde durchgeführt werden oder sogar mittels Videoübertragung. Wenn der Grosse Rat das Postulat überweist, hat der Regierungsrat zwei Jahre Zeit, den Bericht auszuarbeiten. Dabei wird er auch klären müssen, welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten oder allenfalls angepasst werden müssten.

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