Noch lebt die Abschaffung des Eigenmietwerts – aber es droht das endgültige Aus der Vorlage
Er sei, sagte Beat Walti, ein unverbesserlicher Optimist. Der Zürcher FDP-Nationalrat hofft immer noch darauf, dass der Eigenmietwert abgeschafft wird. «Totgesagte leben länger», sagte er trotzig.
Und tatsächlich: Den Sarg zimmern mochte im Nationalrat am Montag noch niemand. Allerdings sind die Differenzen zwischen den Räten immer noch erheblich. Die grosse Kammer besteht weiterhin darauf, dass der Eigenmietwert auch bei Zweitwohnungen abgeschafft wird und dass Schuldzinsabzüge grundsätzlich nicht mehr möglich sind.
Bei genau diesen beiden Punkten hatte der Ständerat noch am vergangenen Donnerstag mit deutlichen Mehrheiten an anderen Entscheiden festgehalten. Damit will er unter anderem den Bergkantonen entgegenkommen, die grosse Einnahmeausfälle fürchten, wenn der Eigenmietwert auf allen Liegenschaften abgeschafft wird. Im Nationalrat liebäugelten nur die FDP und Teile der SVP mit dieser Lösung.
Bis Ende Woche muss eine Lösung her
Nun kommt es noch diese Woche zum doppelten Showdown. Zuerst tagt die Einigungskonferenz der beiden Räte. Diese einigt sich auf eine Variante, die dann in beiden Räten angenommen werden muss. Und am Schluss muss die Vorlage auch noch die Schlussabstimmung überstehen. Ansonsten ist die Abschaffung des Eigenmietwerts vom Tisch.
Die Einigungskonferenz trifft sich bereits am Dienstagmorgen. Spannend wird, ob sich in der Konferenz die Variante des Ständerats oder jene des Nationalrats durchsetzt. Auch eine Mischform ist denkbar. So könnten etwa Zweitwohnungen ausgenommen werden, dafür die Schuldzinsabzüge gestrichen werden. Dem Vernehmen nach hat aber die Variante der grossen Kammer derzeit bessere Karten in der Einigungskonferenz.
Dann liegt es am Ständerat, ob er sich doch noch bewegen will. Besteht er gegen den Antrag der Konferenz auf der Extrawurst für die Bergkantone oder einen höheren Schuldzinsabzug, so ist die Vorlage nach sieben Jahren parlamentarischer Arbeit endgültig gescheitert.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Extrawurst
Dementsprechend entschlossen zogen die Nationalräte auch schon die Verhandlungslinien. «Ein Systemwechsel gelingt nur, wenn er vollständig und fair ist», sagte Franziska Ryser (Grüne/SG). Gerade die Linken tönten an, dass sie für eine Abschaffung Hand bieten würden, allerdings nur, wenn konsequent auf der Linie des Nationalrats geblieben wird.
Auch Markus Ritter (Mitte/SG) sprach eigentlich mehr zu den Ständeräten und Ständerätinnen als seinen direkten Ratskollegen: «Steuervorlagen haben vor dem Volk nur eine Chance, wenn sie von links und rechts mitgetragen werden.» Würde bei Zweitwohnungen weiterhin Eigenmietwert erhoben, so sei dies wohl sogar verfassungswidrig und ein Einfallstor für Steueroptimierungstricks.
Der Ständerat hat bisher konsequent und immer mit sehr grossen Mehrheiten auf diese Sonderbehandlung für die Bergkantone bestanden. Diese hatten mächtig Druck gemacht und immer betont, dass sie sowieso am liebsten beim Status quo bleiben würden.
Eigens um die besonders betroffenen Kantone zu besänftigen, hat die nationalrätliche Kommission eine Initiative verabschiedet, welche ihnen ermöglichen soll, als Kompensation eine Objektsteuer zu erheben. Allerdings bleiben diese Kantone auch so skeptisch. Und so bleibt die Abschaffung des Eigenmietwerts ein Krimi. Bereits am Mittwoch soll das Geschäft erneut in die beiden Räte gelangen.
Gestorben ist die Abschaffung des Eigenmietwerts noch nicht. Aber allein mit unerschütterlichem Optimismus rettet man den Patienten ganz sicher nicht mehr.