Zins-Hammer in den USA: Notenbank erhöht den Leitzins so stark wie seit 28 Jahren nicht mehr
Die amerikanische Notenbank tritt auf die Bremse. Am Mittwoch erhöhte der geldpolitische Ausschuss der Federal Reserve den amerikanischen Leitzins um 0,75 Punkte. Damit bewegt sich die Federal Funds Rate nun im Zielband von 1,5 bis 1,75 Punkte.
Normalerweise sind höhere Zinsen Gift für die Börsen, doch unmittelbar nach dem Fed-Entscheid stiegen die Aktienkurse an der Wall Street an. Händler erklärten das damit, dass die Anleger zufrieden seien darüber, dass die Notenbank die Inflationsbekämpfung offensiv angehe.
Dieser drastische Schritt, die höchste Zinserhöhung seit 1994, ist eine direkte Reaktion auf die hohe Inflation. Zuletzt massen die amerikanischen Statistiker im Mai eine allgemeine Preiserhöhung von 8,6 Prozent, die höchste Teuerungsrate seit den frühen Achtzigerjahren. Zudem kündigten die Hüter des starken Dollars an, dass die Zinsen im kommenden Jahr bis auf 4 Prozent steigen könnten – nachdem die Währungshüter noch vor drei Monaten davon ausgegangen waren, dass die Federal Funds Rate Ende 2023 knapp 3 Prozent betragen werde.
«Starkes Handeln war geboten», sagte Fed-Chef Jerome Powell an einer Pressekonferenz im Anschluss an die Sitzung des geldpolitischen Gremiums. Ziel sei es, die starke Nachfrage in der US-Volkswirtschaft zu dämpfen, ohne dabei die Konjunktur komplett abzuwürgen.
So rechnet die Federal Reserve mit einer leicht höheren Arbeitslosenquote im nächsten Jahr, aber nicht mit einer Rezession. Hauptziel sei es nun, die Teuerung in den Griff zu bekommen. «Wir wollen konkrete Fortschritte sehen», sagte Powell, sei doch Preisstabilität die Basis einer starken Wirtschaft.
Die amerikanische Job-Maschine brummt immer noch
Die Inflation ist in den vergangenen Wochen zum innenpolitisch dominierenden Thema aufgestiegen – auch weil es im Land der unbegrenzten Mobilität kein Vorbeikommen an den stetig steigenden Benzin-Preisen gibt.
Gegen 80 Prozent der Amerikanerinnen und Amerikaner sind nun der Meinung, dass sich die grösste Volkswirtschaft der Welt «in einem schlechten Zustand» befindet. Diese Sichtweise steht im Widerspruch zu vielen traditionellen wirtschaftspolitischen Indikatoren. So brummt Amerikas Job-Maschine weiterhin. Allein im vergangenen Monat entstanden landesweit 400’000 neue Stellen.
Präsident Joe Biden wiederum sieht sich mit einem politischen Albtraum konfrontiert. Geldpolitisch sind ihm die Hände gebunden; die amerikanische Notenbank beharrt auf ihrer Unabhängigkeit und lässt sich selbst vom Präsidenten nicht diktieren, wie schnell die Zinsen erhöht werden sollten.
Gemeinhin macht die amerikanische Bevölkerung aber dennoch die regierende Partei in Washington für steigende Konsumentenpreise verantwortlich, wie ein Blick ins Geschichtsbuch zeigt. So verlor der heute verehrte republikanische Präsident Ronald Reagan die erste Parlamentswahl nach seinem Amtsantritt aufgrund miserabler Wirtschaftsdaten.
Dem Weissen Haus bleibt deshalb nichts anders übrig, als die Bevölkerung auf den kommenden Abschwung vorzubereiten und Sündenböcke zu finden. Biden gibt seinem russischen Amtskollegen die Schuld für die Teuerung und ist dazu übergangen, anstatt von Inflation von «Putins Preissteigerungen» zu sprechen. Die US-Bevölkerung ist aber immer weniger bereit, die russische Invasion der Ukraine für die Abkühlung der Wirtschaftslage verantwortlich zu machen.