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Veranstalter André Béchir enttäuscht: «Die Stones werden nie mehr in der Schweiz spielen»

Das Konzert der Rolling Stones in der Schweiz ist nun definitiv abgesagt worden. Gemäss Veranstalter André Béchir hat Fussball  Vorrang. Gadget abc muss einen Verlust von über einer 1 Million tragen. 

Ihr wolltet das Konzert der Rolling Stones verschieben. Weshalb ist es jetzt zur Absage gekommen?

André Béchir: Die Stones haben alles darangesetzt, das Konzert zu verschieben. Sie haben sogar die Tour, die bis Ende Juli gedauert hätte, verlängert und Ersatzdaten angeboten. Der 4. August wäre der letztmögliche Termin gewesen. Gescheitert ist die Verschiebung, weil die Young Boys als Stadionbetreiber dem Fussball Vorrang geben. Am 4. August könnten die Young Boys ein Spiel der Europa League austragen, wehalb dem Club dieses Datum so wichtig ist.

Wer trägt die Kosten der Konzertabsage?

Die Stones konnten wegen Corona von Mick Jagger nicht auftreten. Deshalb ist es klar, dass wir keine Verpflichtungen gegenüber der Band haben. Wir von Gadget abc müssen aber für die lokalen Kosten aufkommen, also für die Stadionmiete, Bodenabdeckungen, Personalkosten, Aufbau und Bühnenmiete. Unser Verlust wird also sicher im siebenstelligen Bereich sein. Also 1 Million und etwas mehr.

Das Geld für die gekauften Tickets kann rückerstattet werden. Der ganze Betrag?

Nein, es ist Usus, dass der Veranstalter 5 Franken für Ticket für den Umtrieb abzieht.

Wie sieht es versicherungstechnisch aus?

Wir kriegen gar nichts, weil wir nicht gegen covidbedingte Ausfälle versichert sind und keine Versicherung Pandemie einschliesst. Könnte man den Ausfall versichern, wären aber die Versicherungsbeträge exorbitant hoch und müssten auf die Ticketpreise geschlagen werden.

Werden Sie, wie angedeutet, staatliche Hilfe beantragen?

Nein, es geht nicht um direkte staatliche Hilfe. Es besteht die Regelung des Schutzschirms. Er tritt heute bei Auflagen oder Einschränkungen in Kraft, die von den Behörden erhoben werden. Unser Anliegen ist es, dass dieser Schutzschirm auf Coronafälle, wie wir sie zuerst mit Eric Clapton und jetzt mit Mick Jagger erlebt haben, ausgedehnt wird. Wir suchen deshalb so oder so den Kontakt zu Behörden. Denn das sind sicher nicht die letzten Fälle gewesen. Es geht also um eine neue Regelung für die Zukunft, für die Kultur und die Unterhaltungsbranche.

Sind diese Coronafälle existenzbedrohend für Gadget abc?

Die Absage der Stones ist ein Riesenschlag, den wir zuerst verdauen müssen. Corona als gesamte Krise bleibt existenzbedrohend für unsere Branche.

Welche Folgen haben solche Absagen für den gesamten Konzertmarkt?

Die Risiken haben noch einmal zugenommen. Veranstalter müssen sich fragen, ob sie dieses erhöhte finanzielle Risiko überhaupt eingehen wollen. Welcher andere Veranstalter kann zwei, drei solche Fälle verkraften? Das hat es noch nie gegeben. Wir stehen hier vor einer neuen Situation. Corona ist definitiv nicht vorbei. Wir müssen lernen, mit diesen neuen Risiken umzugehen. Dabei geht es nicht nur um den Konzertmarkt. Auch um Sportveranstaltungen, die gesamte Unterhaltungsveranstaltungsbranche ist davon betroffen. Die Fälle tragen aber auch zur Verunsicherung beim Publikum bei. Noch stärker als heute werden sie beim Ticketkauf zuwarten, um im letzten Moment zuzugreifen. Für uns Veranstalter ist das verheerend.

Werden die Rolling Stones noch einmal in die Schweiz kommen?

Ich habe aus dem Stones-Umfeld mehrfach gehört, dass die laufende Tour die letzte sein wird. Das würde heissen, dass die Stones nie mehr in der Schweiz spielen werden. Vielleicht werden sie noch einmal einzelne Konzerte geben, aber eine ganze Tour nicht mehr. Davon bin ich überzeugt.

Die Stones haben ihr erstes Auslandkonzert in der Schweiz, im April 1964 in Montreux gegeben. Es wäre eine schöne Geschichte, wenn sie ihr Letztes auch in der Schweiz geben würden. Der Kreis würde sich schliessen.

Ja, aber daran glaube ich nicht mehr. Die Stones haben zuletzt zwischen den Tourneen fünf Jahre pausiert. Mick Jagger ist heute, mit 78 Jahren, immer noch authentisch. Aber ich bezweifle, dass er das in fünf Jahren noch leisten kann.

Das sagen die Fans zum abgesagten Konzert: