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Wie gelingt die Energiewende? SP-Nationalrätin Gabriela Suter ist überzeugt: «Es braucht eine nationale Solaroffensive»

Alpine Solarzonen und Agri-Fotovoltaik: Das will SP-Nationalrätin Gabriela Suter zur Stromsicherheit fördern. Vom Bau neuer AKWs hält sie nichts – sie droht im Interview sogar mit dem Referendum, sollte man das AKW-Bauverbot kippen wollen.

Die Schweiz fürchtet sich vor einem Blackout. Ist das auch Ihre grösste Angst?

Gabriela Suter: Das Risiko hat mit dem Scheitern des Rahmenabkommens zugenommen. Wir müssen die inländische Stromversorgungssicherheit stärken. Das ist aber nicht neu. Leider standen jene Kreise, die jetzt ein Angstmacher-Szenario verbreiten, jahrelang auf der Bremse beim Ausbau der erneuerbaren Energien.

Hat die Schweiz in Zukunft genug Strom alleine mit erneuerbaren Energien?

Das ist machbar. Dafür braucht es Energieeffizienz, eine geschickte Kombination der erneuerbaren Energien, massive Investitionen in deren Ausbau und bessere Rahmenbedingungen. Der Umbau des Energiesystems ist die wichtigste Klimaschutzmassnahme und stärkt unsere Versorgungssicherheit.

Eine Studie der Empa von 2019 zeigt, dass bis 2050 40 Terawattstunden Strom fehlen. Wie sieht man das bei der SP?

Für Versorgungssicherheit und das Erreichen des Netto-Null-Ziels muss die Fotovoltaik bis 2050 rund 45 Terawattstunden Strom liefern, 15-mal mehr als heute. Der Fachverband Swissolar zeigt mit seinem Elf-Punkte-Plan, dass dies möglich ist.

Planen Sie eine Solar-Anbauschlacht?

Es braucht jetzt tatsächlich eine nationale Solaroffensive. Potenzialabschätzungen des Bundesamts für Energie zeigen: Wir haben genügend Flächen, um mit Fotovoltaik auf über 100 Terawattstunden pro Jahr zu kommen. Nur schon auf Dächern und Fassaden von bestehenden Bauten könnten wir mehr Strom produzieren, als die Schweiz heute verbraucht.

Von wie viel Strom reden Sie?

Das Potenzial liegt bei 66 Terawattstunden pro Jahr. Wir verbrauchen zurzeit knapp 63 Terawattstunden.

Wo will die SP überall Solaranlagen bauen?

Neben den Dächern und versiegelten Flächen im Mittelland brauchen wir auch alpine Solarzonen über 800 Metern. Sie würden das Winterstrompro­blem entschärfen.

Wo konkret sehen Sie alpine Solarzonen?

Etwa in Gebieten mit Skitourismus. Dort ist die Landschaft bereits beeinträchtigt. Man könnte Solaranlagen entlang der Zäune bauen, welche die Pisten abgrenzen, sowie an Lawinenverbauungen. Unberührte Landschaften sollten hingegen möglichst intakt bleiben. Es gibt aber noch viele andere Möglichkeiten für Fotovoltaik.

Welche?

Wir können Parkplätze und Autobahnen mit Fotovoltaik überdachen. Und wir schlagen auch Agri-Fotovoltaik vor. Die Anlagen können landwirtschaftliche Kulturen wie Obstplantagen schützen, ohne die Biodiversität zu beeinträchtigen, und einen zusätzlichen Ertrag für die Bauern liefern.

Die hochalpine Solaranlage der Elektrizitätswerke der Stadt Zürich (EWZ) an der Albigna-Staumauer.

Glauben Sie tatsächlich, dass eine Solaroffensive genügt? SVP-Nationalrat Imark bezeichnete sie als «Luftschloss».

Das Luftschloss und Klumpenrisiko ist die Hochrisikotechnologie Atomkraft, an der Imark festhält. Er missachtet damit den klaren Volksentscheid von 2017 zum Atomausstieg. Für neue AKW gibt es in der Schweiz keine privaten Investoren, das hat der Axpo-CEO kürzlich deutlich gesagt. Neue AKW liessen sich nur mit Staatsgeldern finanzieren.

Investitionen in die Atomenergie gelten in der EU aber neu als nachhaltig. Findet da eine Trendwende statt?

Das ist Greenwashing. Der Abbau von Uran ist umweltschädlich, die Lagerung des Atommülls ungelöst. Vor allem aber käme die Atomkraft zu spät, um unser Stromproblem zu lösen. Will man das Rahmenbewilligungsverbot aus dem Kernenergiegesetz kippen, werden wir mit Sicherheit das Referendum ergreifen. Ein neues AKW könnte frühestens in 20 Jahren in Betrieb genommen werden. Wir müssen die Klimakrise aber jetzt bekämpfen.

Die SVP setzt stark auf Gaskraftwerke. Auch SP-Bundesrätin Sommaruga zieht sie für Notsituationen in Betracht. Ist das für Sie eine Option?

Wenn wir grosse Gaskraftwerke bauen, verzögern wir das Erreichen der Netto-Null-Ziele. Das geht nicht. Interessant finde ich hingegen die Idee des Verbands Powerloop. Er schlägt 2000 kleine Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen vor allem in den städtischen Gebieten vor, die man punktuell an einzelnen Tagen laufen lassen könnte – als Backup-Lösung, wenn der Strom knapp ist. Sie müssten aber mit Biogas oder grünem Wasserstoff betrieben werden.