Er hinterlässt Schulden und unfertige Baustellen – das ist der Verwalter der Sugus-Häuser
«Wir sprechen von Goran», sagt Luka Babic* zum Arbeiter, der sich gerade zu ihm an den Tisch gesetzt hat. Hier, in den Tiefen des Kantons Glarus, in einer Raucherbar. «Pha!», ruft der Arbeiter aus und schüttelt den Kopf. «Der Zeindler? Ein Elender ist das!», sagt der Arbeiter. Keucht. Dann zündet er sich eine Zigarette an und verstummt. Ihm fehlen offenbar die Worte.
Babic lacht bitter. «Siehst du, das wissen hier alle. Das wird auch diese Sugus-Haus-Erbin, diese Bachmann, wissen», sagt Babic. Warum? Weil sie einen Mann wie Goran Zeindler brauche:
«Keine seriöse Hausverwaltung würde ihr bei dem, was sie vorhat, helfen.» Luka Babic*, Ex-Geschäftspartner von Goran Zeindler
Vergangene Woche kündigte Regina Bachmann allen ihren 250 Mieterinnen und Mietern, die in drei der sogenannten «Sugus-Häusern» in der Neugasse in der Stadt Zürich wohnen. Kündigungsfrist: drei Monate. Grund: Totalsanierung, weil die Wohnsituation gemäss Kündigungsschreiben «unhaltbar» sei. Die Mieterinnen und Mieter hingegen widersprechen. Nun will sogar die Stadt Zürich intervenieren.
Die drei Häuser hat Regina Bachmann nicht selbst erbaut oder gekauft, sondern geerbt. Von ihrem Vater, dem bekannten Bauunternehmer Leopold Bachmann, der 2021 verstarb. Die Kündigungen überreichte Bachmann ebenfalls nicht selbst. Dafür setzte sie die Allgood Property AG als Verwalterin ein. Diese gehört Goran Zeindler.
«Wahrscheinlich lässt Bachmann nur ein bisschen die Wände streichen, erhöht den Mietzins und setzt neue Leute in die Wohnungen», sagt Babic. Oder seine zweite Vermutung: Sie wolle die Wohnungen nach der Totalsanierung für viel Geld verkaufen.
Babic kennt Regina Bachmann nicht. Er ist ihr nie begegnet. Aber er kennt Goran Zeindler. Seit 2014 waren Babic und Zeindler befreundet. Ab 2019 wurden sie Geschäftspartner. Heute schuldet Zeindler ihm nach eigenen Angaben drei Millionen Franken. Geld, das er innerlich schon abgeschrieben hat. Babic sagt:
«Goran Zeindler hat mich über den Tisch gezogen, wie er auch Regina Bachmann über den Tisch ziehen wird.» Luka Babic*, Ex-Geschäftspartner von Goran Zeindler
Dann beginnt Babic zu erzählen. Eine Geschichte, die sinnbildlich steht für die Schweiz, unseren Immobilienmarkt und unsere Justiz.
Vernetzt mit Hakan Yakin
Es ist das Jahr 2014, als sich Luka Babic und Goran Zeindler kennenlernen. In Rüti (ZH) will Zeindler eine Villa erbauen. Babic ist damals Bauleiter eines Bauunternehmens, das Zeindler für den Auftrag anfragt. Babics Chef stellt Nachforschungen zu Zeindler an. Und wird skeptisch. Aber Babic versichert ihm: Mit den richtigen Vorkehrungen seien sie auf der sicheren Seite. Heisst: Alles mit Vorauszahlungen regeln.
So machen die beiden das, gehen den Vertrag mit Goran Zeindler ein. Und: Es klappt. Am Ende steht in Rüti nicht nur eine vollendete Villa und sind alle Rechnungen beglichen, Babic und Goran Zeindler sind auch Freunde geworden. Zumindest glaubt Babic das. Viele Jahre lang. Wie sollte er das denn auch nicht glauben?
Die beiden treffen sich regelmässig, fahren zusammen mit ihren Partnerinnen in die Ferien, nach St. Moritz zum Skifahren, wo sie in Zeindlers Wohnung übernachten. Zeindler öffnet sich Babic, wie man das bei engen Freunden tut. Erzählt von seinem Leben. Davon, wie er mit fünf Jahren aus Kroatien in die Schweiz gekommen sei, wo seine Mutter sich in einen Herr Zeindler verliebt habe, der ihn später adoptiert habe. Von seiner Zeit als erfolgreicher Eishockeyspieler, durch die sich ein breites Netzwerk ergeben hätte.
«Das stimmt überhaupt nicht. Er spielte in einer tiefen Liga», sagt Babic. Aber das breite Netzwerk, das habe Zeindler trotzdem. Ein Netzwerk zu den Schönen, Reichen und Erfolgreichen.
Ein Blick ins Handelsregister zeigt eine spannende Liste an Persönlichkeiten, mit denen Zeindler in der Vergangenheit verkehrte: Ex-Fussballnationalspieler Hakan Yakin, FC-Basel-Funktionär und ehemaliger Fussballspieler Martin Andermatt, Ex-GC-Präsident Stephan Anliker, Bruno Benaglio, der Vater von Ex-Fussballnati-Goalie Diego Benaglio.
Jede erdenkliche direkte Handynummer könne Zeindler auftreiben, so Babic. «Sogar mit dem Bruder des ehemaligen kroatischen Premierministers, Ivo Sanader, ist er vernetzt.» Dann muss er wieder lachen. Denn Ivo Sanader wanderte nach seiner Regierungszeit 2012 ins Gefängnis. Wegen Korruption.
Eintrittskarte in die Welt der Reichen
In diese Welt, in der es gute Geschäfte zu machen gibt, führt Zeindler ihn damals grosszügig ein. Zeindler bezahlt den Businesstrip nach Mallorca, wo Babic die Porsche-Familie kennenlernt. Er lässt Babic in den privaten Golfclub «Golf Gentlemen Friends» eintreten, den Zeindler selbst gegründet hat und präsidiert. Und in dem berühmte Sportler und einflussreiche Unternehmer verkehren sollen.
Zeindler erzählt Babic scheinbar offen von den Konkursen seiner vorangehenden Firmen. Sie seien alle nur aus ein und demselben Grund pleite gegangen: Die anderen waren schuld. Die Handwerker, die schlechte Arbeit verrichtet hätten, sodass er für die Aufträge nicht bezahlt worden war, zum Beispiel. Oder korrupte Auftraggeber.
Babic wird damals schon stutzig. Und doch habe er wirklich daran geglaubt, dass Zeindler und er wahre Freunde seien, erzählt er. Dass Zeindler ihn nicht übers Ohr hauen werde. Dass er die Ausnahme sei. Darum sei es 2019 auch seine eigene Idee gewesen, ein gemeinsames Bauunternehmen in Form einer Aktiengesellschaft zu gründen. Zeindler, mit seinem breiten Netzwerk, sollte für die Aufträge sorgen und die Geschäfte mit den Handwerksbetrieben abwickeln – über seine Albego Real Estate AG. Babic wollte sich als Baumeister um den Rest auf der Baustelle kümmern.
Zeindler sagte zu. Das Übel nahm seinen Lauf.
Seltsame Abbuchungen
Vor Babic auf dem Tisch liegen zahlreiche Blätter. Bankauszüge, Handelsregisterauszüge, Briefe, geschrieben an die Staatsanwaltschaft, an Betreibungsämter, an die Gemeinde Rüti in Zürich, an seinen Anwalt. Belege der letzten drei Jahre, in denen er versucht hat, Goran Zeindler zur Rechenschaft zu ziehen.
«Bei den ersten zwei Aufträgen lief alles, wie es sollte», sagt Babic. Zeindlers Albego Real Estate AG bezahlte Bauarbeiter und Materialien, die Häuser und Wohnungen wurden pünktlich fertiggestellt und Zeindler konnte sie verkaufen. Doch ab der dritten Baustelle fielen Babic plötzlich seltsame Abbuchungen vom gemeinsamen Firmenkonto auf.
Babic zückt einen fein säuberlich geordneten Stapel Papier und beginnt darin zu blättern. Dabei liest er vor: «27. August 2021, Zahlung von 15’000 Franken an sein privates Bankkonto. Zahlungsgrund: Lohn März 20.» Babic lacht wieder bitter auf. «Wir haben unseren Lohn nicht so verrechnet. Geschweige denn, war er 15’000 Franken hoch. Und warum kommt er über ein Jahr später damit?»
Solche Abbuchungen nahmen mit der Zeit zu, wie Babic mit diversen Dokumenten aufzeigen kann. Wenn er Zeindler darauf angesprochen habe, habe dieser versichert, er werde das Geld in wenigen Wochen zurückzahlen.
Doch das soll er nicht getan haben. Stattdessen begann er, vom gemeinsamen Firmenkonto Geld auf das Konto der Albego Real Estate AG zu überweisen. Die Zahlungsgründe lauteten etwa: «Rechnungen Juli 22/August 22 Aushub». Die Handwerksbetriebe auf der Baustelle – darunter auch Babics eigene Handwerker – sahen von diesem Geld allerdings nichts, wie Babic sagt.
Schliesslich räumten sie die Baustelle. Und Goran Zeindler verliess die gemeinsame AG und machte sich aus dem Staub. Am Ende waren es 1,1 Millionen Franken, die Zeindler nach Darstellung von Babic vom gemeinsamen Geschäftskonto abgebucht und nie zurückgezahlt hatte. Ausserdem soll Zeindler von Babics Handwerkern verrichtete Arbeit im Wert von zwei Millionen Franken nie bezahlt haben. Hinzu kommen zahlreiche weitere Handwerksbetriebe, denen Zeindler Geld schulde.
Das Muster
Wenn Gläubiger Zeindlers Firmen betreiben, reagiert er jeweils mit einem Rechtsvorschlag. Das heisst: Zeindler verlangt, dass die Gläubiger ein Gerichtsverfahren eröffnen, in dem sie beweisen müssen, dass er ihnen das Geld tatsächlich schuldet. Damit ein Gericht dieses Verfahren aufnimmt, müssen die Gläubiger dem Staat allerdings Geld «vorschiessen». Je nach «Etappe» im Betreibungsverfahren ist es mehr oder weniger Geld. Eine Investition, die sich nicht lohnt, wenn klar ist, dass der Betriebene die Schulden nicht wird bezahlen können.
So gut wie keiner seiner Gläubiger ist je auf Zeindlers Rechtsvorschlag eingegangen. Also stellt das Gericht die Betreibungen gegen seine Firmen jeweils innert kurzer Zeit «mangels Aktiven» ein, erklärt die Firma für Konkurs und der Fall ist abgehakt. Dieses Muster lässt sich bei zahlreichen AGs von Zeindler beobachten, die Konkurs gegangen sind.
Weil Goran Zeindler vom gemeinsamen Geschäftskonto mit Babic aber auch privat Geld veruntreut haben soll, hat Babic versucht, seinen ehemaligen Freund als Privatperson zu betreiben. Erfolglos. Auf Babics Betreibung, antwortete die Gemeinde Rüti (ZH), in der Zeindler im Handelsregister zu wohnen vorgab:
«Der von Ihnen aufgeführte Schuldner ist per 7. November 2022 fortgezogen; angeblich nach Kroatien. Gemäss Rechtsprechung ist die Betreibung bei einem festen Wohnsitz im Ausland ausgeschlossen.» Auszug aus einem Schreiben an Luka Babic von der Gemeinde Rüti (ZH)
Babic macht diese Antwort wütend. Er ist überzeugt, dass Zeindler nun eine neue Lücke im System entdeckt hat: Sich als Schweizer Einwohner abzumelden. Denn ein Betreibungsverfahren im Ausland, wer schlägt diesen Weg schon ein?
Zeindler, der Charmeur
Dass Goran Zeindler in der Immobilienbranche tätig ist, sollte keine Überraschung sein, findet Luka Babic. Nicht, weil Immobilien für einen gelernten Zimmermann wie Zeindler naheliegend seien. Sondern:
«Nirgends liegt so viel Geld herum, wie in der Immobilienbranche.» Luka Babic*, Ex-Geschäftspartner von Goran Zeindler
Und in keiner anderen Branche könne man in der Schweiz einfacher Gründe vorschieben, warum man nicht zahle.
Ausserdem würde Zeindler mit stetigen Neugründungen, Umbenennungen und Standortverschiebungen seiner Firmen und schliesslich mit seinem Ausstieg aus den AGs das Schweizer Justizsystem austricksen. Auch watson kann aus der Recherche bestätigen, dass Zeindler seine Unternehmen gerne mehrfach nacheinander umbenennt und die Firmensitze ebenso häufig ändert wie seinen eigenen Wohnsitz, den er im Handelsregister hinterlegt. Babic sagt:
«Als Gläubiger ist es extrem schwierig, den Überblick zu behalten und zu wissen, wie man gegen ihn vorgehen kann.» Luka Babic*, Ex-Geschäftspartner von Goran Zeindler
Trotz all dieser begünstigenden Faktoren, ist Goran Zeindler ein Mann, dessen Reputation ihm vorauseilt. Das zeigt sich in der Raucherbar im Kanton Glarus. Und es zeigt sich bei einer einfachen Internetsuche. Warum also findet Goran Zeindler immer wieder Gläubiger?
«Goran Zeindler weiss genau, wie er das Vertrauen der Menschen gewinnen kann», sagt Babic. Und:
«Er wählt sein nächstes Opfer gezielt aus, analysiert, wie er es um den Finger wickeln kann.» Luka Babic*, Ex-Geschäftspartner von Goran Zeindler
Die nächste, die ihm ins Netz gegangen sei, sei nun wohl Sugus-Häuser-Erbin Regina Bachmann. Babics Vermutung: Zeindler hat sie irgendwie über sein breites Netzwerk kennengelernt. Oder sie ins Auge gefasst und dafür gesorgt, dass sie sich kennenlernten.
Bis jetzt scheine alles nach Zeindlers Schema zu verlaufen, glaubt Babic. Nur etwas sei anders: Bei den Sugus-Häusern agiere Zeindler mit seiner Allgood Property AG erstmals als Verwaltung. Obwohl die Firma auf ihrer Website angibt, auch gleich als Bauherrin und Investorin fungieren zu können. Könnte es sein, dass Regina Bachmann so von Zeindler verschont bleibt?
Luka Babic muss laut raus lachen und schüttelt dabei den Kopf. Regina Bachmann spreche von einer Totalsanierung der Sugus-Häuser. Gut möglich, dass sie Goran Zeindler bereits damit beauftragt habe. Und dann? Mache er sich womöglich genauso mit reichlich Geld in der Tasche aus dem Staub. Zurückbleiben würden eine Grossbaustelle, 105 leerstehende Wohnungen mitten in Zürich und über 250 Menschen, die dafür ihr Zuhause verloren hätten.
So verteidigt sich Zeindler
watson hat das Gespräch mit Goran Zeindler gesucht. Nach mehrmaligem Kontaktieren liess Zeindler über seinen Anwalt eine Stellungnahme zu den in diesem Artikel geäusserten Vorwürfen ausrichten. Darin schreibt sein Anwalt:
«Die Allgood Property AG ist die von der Eigentümerschaft Neugasse 81 / 83 / 85 beauftragte Verwaltung. Es wurde mit der Eigentümerschaft keine gemeinsame Aktiengesellschaft gegründet und solches ist auch nicht geplant. Damit fällt Ihre falsche Mutmassung eines angeblichen Musters ‹Goran Zeindler› von Anfang an in sich zusammen. Aber ohnehin sind die Anschuldigungen insgesamt unwahr.» Stellungnahme Goran Zeindler
Auf den Vorwurf seines Ex-Geschäftspartners, dass Zeindler sich frei am gemeinsamen Geschäftskonto bedient habe, sowohl privat als auch im Namen seiner anderen Geschäfte, geht Zeindlers Anwalt im Schreiben nicht ein. Er rezitiert lediglich die allgemeinen SIA-Vorschriften, die im Baugewerbe gelten würden.
Ob sich Zeindler an diese SIA-Vorschriften hält, davon steht in der Stellungnahme allerdings nichts. Sein Anwalt hält lediglich fest: «Kommt es zu berechtigten Mängelrügen oder sonstigen Vertragsverletzungen, können in Einzelfällen Zahlungen gekürzt werden.» Und weiter: «Leider ergreifen einzelne Auftragnehmer verhältnismässig oft unberechtigterweise und vorschnell das Bauhandwerkerpfandrecht. Dies führt kurzfristig zu Zahlungsforderungen an die Bauherrschaft. In der Regel entscheidet dann der Richter aufgrund des Vorliegens von Mängeln gegen den Handwerker und die Bauherrschaft erhält das Geld zurück.»
Zu den stetigen Namensänderungen und Sitzverlegungen seiner AGs, die es den Gläubigern erschweren, Zeindler zu betreiben, hält der Anwalt fest:
«Dass eine Firma ihren Sitz verlegt, ist weder ungewöhnlich noch verstösst dies gegen das Gesetz. Ganz im Gegenteil hat sich die Sitzverlegung einer AG nach klaren Vorschriften zu richten; die anwendbaren Vorschriften sind eingehalten worden. Unsere Firma ALLGOOD Property AG wurde 2021 gegründet und seither nie umbenannt.» Stellungnahme Goran Zeindler
Zusammenfassend sähe man sich ungeheuerlichen Vorwürfen konfrontiert, welche offenbar auf einer einzigen Quelle, «die klar faktenwidrige Aussagen macht», beruhten.
*Name der Redaktion bekannt