Kriegsreporter Kurt Pelda kritisiert Stubenhocker-Journalismus – und das SRF
Erst vor zwei Tagen kehrte er aus der Ukraine zurück, nun trat er an der Dreikönigstagung des Verbandes Schweizer Medien auf. Kurt Pelda von CH Media, der schon aus den Kriegsgebieten in Syrien und Afghanistan berichtet hatte, sagte: «Die Medienbranche hat es versäumt, junge Journalisten zu befähigen, über Kriege zu berichten, sei es vom Schreibtisch aus oder direkt aus den Krisengebieten.» Er selbst werde bald 58 und sei eine «aussterbende Gattung».
Pelda betonte, wie wichtig es sei, dass sich Reporter vor Ort ein Bild machten, um die Öffentlichkeit aus erster Hand zu informieren. Er kritisierte, dass die Medien zunehmend auf «Expertenwissen» statt auf recherchierenden Journalismus setzten.
Der russischen Propaganda aufgesessen
So habe es kurz nach Kriegsausbruch in vielen Medien geheissen, die Russen würden die Ukraine schnell besiegen. «Die Ukraine wird zermalmt», so war ein Experteninterview in einer Schweizer Zeitung betitelt. Dabei, so Pelda, sei schon früh klar gewesen, dass die Ukraine durchaus eine Chance habe und Russland überschätzt würde.
Pelda gehört zu den wenigen deutschsprachigen Journalisten, die bereits zwei Tage nach Kriegsausbruch vor Ort waren. Er hielt sich inzwischen viermal für längere Phasen in der Ukraine auf, immer wieder auch in Frontnähe.
Pelda zeigte dem Publikum auch Bilder und Videos, die zeigten, dass es nicht nur Krieg und Zerstörung gibt. Es sei eben auch eine Realität, dass in Odessa Partys stattfänden, dass Touristenbusse herumfahren und die Restaurants zum Teil gut besucht seien. Das würden weite Teile der Medienöffentlichkeit nicht erfahren.
Weil in vielen Medien mutlose Chefs und «Stubenhocker-Journalisten» sitzen würden, sei der Krisenjournalismus bedroht. Ferndiagnosen und ein Fokus auf Social Media hätten dazu geführt, dass sich die russische Propaganda auch in Europa verfestigen konnte. Der «Mythos der Unbesiegbarkeit» der russischen Armee sei auch im Westen verbreitet gewesen.
SRF hinderte Journalistin am Recherchieren
Mutlose Chefs ortet Pelda unter anderem beim Schweizer Fernsehen (SRF). Eine junge, intelligente Journalistin, die aus eigenem Antrieb in die Ukraine hätte reisen wollen, sei daran gehindert worden. Als sie dann in ihren Ferien hingegangen sei und journalistisches Material zurückgebracht habe, sei SRF daran interessiert gewesen, habe aber bei der Spesenentschädigung geknausert.
Pelda: «Wenn journalistische Talente bereit sind, Risiken einzugehen, und dann daran gehindert werden, ihren Job zu machen, ist das kein gutes Zeugnis für den Journalismus.» Für Pelda beginnt die Lösung des Problems bei der Ausbildung. Er legte ein flammendes Plädoyer ab: «Das Einzige, worauf man sich wirklich verlassen kann, ist das, was man mit eigenen Augen sieht.» (pmü)
Die Vorschläge der Eidgenössischen Medienkommission (Emek) für eine neue, einheitliche Medienförderung stossen auf Widerstand. An der Dreikönigstagung des Verbandes Schweizer Medien sagte dessen Präsident Andrea Masüger, die Ideen seien politisch unrealistisch und würden bestenfalls in 15 Jahren umgesetzt. So lange habe die Medienbranche nicht Zeit. Es brauche eine abgespeckte Vorlage. Auch FDP-Präsident Thierry Burkart übte in seinem Referat Kritik. Noch vor nicht einmal einem Jahr sei das Medienpaket abgelehnt worden, und die Emek-Vorschläge gingen nun noch viel weiter. Burkart plädierte für möglichst viel Freiheit. Das führe zu Innovation. Journalismus sei zentral für die Demokratie, gerade in Zeiten der Informationsflut.