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1000 Jahre Kloster Muri – einzigartig sind auch die zeitliche und finanzielle Dimension der Geschichtsschreibung

Bis 2027 entsteht eine vierbändige Klostergeschichte zum 1000-Jahr-Jubiläum des Klosters Muri-Gries. Die Vorarbeiten sind praktisch abgeschlossen. Nun beginnt das Schreiben der neuen Klostergeschichte. Das geschieht unter einer neuen Leitung.

Klöster und Bücher über deren Geschichte gibt es in der Schweiz viele. Doch was seit über einem Jahrzehnt zur Aufarbeitung der Geschichte des Klosters Muri im Freiamt stattfindet, ist einzigartig. Dieser Überzeugung ist Markus Ries, Professor für Kirchengeschichte an der Universität Luzern und Mitglied des Lenkungsausschusses, dem leitenden Organ von Geschichte Kloster Muri.

Er ist Experte für die Geschichte der Schweizer Klöster, leitet unter anderem das laufende Nationalfonds-Projekt zu den Lebensgeschichten von Benediktinerinnen und Benediktinern. «Auch im Thurgau erlebte man die Aufhebung aller Klöster im 19. Jahrhundert. Dass aber heute am Ort, wo inzwischen keine Mönche mehr da sind, eine derartige Verbundenheit mit dem ehemaligen Kloster da ist und die Aufarbeitung dessen Geschichte vorangetrieben wird, ist ungewöhnlich», sagt Ries.

Ein Projekt mit 20 Jahren Vorarbeit

In gewissem Mass einzigartig sind auch die zeitlichen und finanziellen Dimensionen des Projekts: Mit über 20 Jahren Vorarbeit entsteht eine vierbändige Klostergeschichte zum 1000-Jahr-Jubiläum des Klosters Muri-Gries im Jahr 2027. Dies hat seine Gründe.

Angeregt wurde die Aufarbeitung der Klostergeschichte bereits 2006 vom inzwischen verstorbenen Abt von Muri, Benno Malfèr. Er sah wohl voraus, dass eine Klostergeschichte, die über Kantons- und Landesgrenzen hinweg geschrieben werden muss, viel Zeit beanspruchen würde.

Nach der Aufhebung des Klosters Muri 1841 zogen die Mönche erst nach Sarnen in Obwalden, dann nach Gries in Südtirol. Archivalien, Handschriften und Kulturgüter befinden sich dort wie auch im Kanton Aargau. Es musste an allen Orten erst grundlegende Arbeiten zu deren Erschliessung stattfinden, damit diese für die Erforschung leichter zugänglich sind.

Engagement des Kantons Aargau

Hier engagiert sich auch der Kanton Aargau an vorderster Front. Im «schwarzen Erdteil», wie das Freiamt noch im 20. Jahrhundert aufgrund seiner praktisch homogen katholischen Bevölkerungsstruktur und politisch konservativen Einstellung genannt wurde, galt der Kanton lange als «Klosteraufheber». Auch auf kantonaler Seite tat man sich schwer mit diesem Erbe, das bis Mitte des 20. Jahrhunderts gegen eine bauliche Verwahrlosung kämpfte.

Längst wurden die Klostergebäude instand gestellt und ein Umdenken auf kantonaler Ebene hat stattgefunden. «Um die Jahrtausendwende wuchs das Bewusstsein für das klösterliche Erbe im Kanton. Verschiedene Projekte, beispielsweise zur Geschichte des Klosters Königsfelden oder die Edition der Acta Murensia, wurden umgesetzt, zuletzt 2022 die Vermittlung der bald 800-jährigen Geschichte der Klosterhalbinsel Wettingen im Rahmen von Museum Aargau», meint Jeannette Rauschert, die Leiterin des Lenkungsausschusses.

Wie wichtig und ernst der Kanton die Aufarbeitung eigener Geschichte auch in Bezug auf Klöster nimmt, zeigt die Tatsache, dass Regierungsrat Alex Hürzeler im Auftrag des Kantons seit 2011 im Stiftungsrat des Projekts sitzt.

Übergabe in der Geschäftsführung

Von Anfang an dabei und einer der Architekten des Projekts «Geschichte Kloster Muri» war Peter Hägler aus Muri. Der scheidende Geschäftsführer gilt als einer der Gestalter des Projekts, möchte nun aber die Arbeit in jüngere Hände legen. «Für die kommende Projektphase braucht es nochmals richtig Schub», meint er.

In der Tat tritt das Projekt Geschichte Kloster Muri in eine neue Phase. «Das Schaffen von Grundlagen mit Forschungsarbeiten und Erschliessungen von Archivalien, Handschriften und Kulturgütern ist nun praktisch abgeschlossen», sagt Projektleiter Thomas Meier. «Nun hat die Hauptarbeit, das Schreiben der neuen Klostergeschichte, begonnen.»

Ab dem neuen Jahr übernimmt nun Martin Allemann die Funktion des Geschäftsführers. Als Klosterführer, als Präsident der Historischen Gesellschaft Freiamt, aber auch als Stiftungsrat im Projekt engagiert sich Martin Allemann seit Jahrzehnten für die Geschichte des Klosters Muri. «Ich freue mich darauf, nun mitanzupacken, und bin überzeugt, dass diese Aufarbeitung Aargauerinnen und Aargauern Gelegenheit geben wird, mehr über ihre eigene Geschichte zu erfahren», sagt Allemann.

Er ist beeindruckt von der Arbeit seines Vorgängers: «Es ist enorm, was Peter an Arbeitsstunden geleistet hat und über welch grosses Netzwerk er verfügt.» Dass die beiden ehrenamtlich arbeitenden Geschäftsführer aus Muri stammen, hat seine Gründe: Nirgendwo ist das Engagement und die Leidenschaft für dieses Projekt so gross wie hier.

Für 2027 erwarten sie das, was sie am meisten schätzen an ihrer Arbeit: «Viele neue Begegnungen mit interessanten Menschen.» Und vielleicht sind dort auch solche dabei, die sich inskünftig für dieses Aargauer Kulturerbe von europäischem Rang engagieren wollen.

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