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Ehemaliger Aargauer CVP-Ständerat Julius Binder feiert seinen 100. Geburtstag – er gilt als Vater des Umweltschutzartikels

Zwölf Jahre politisierte er im Nationalrat und acht Jahre im Ständerat. Heute vertritt seine Schwiegertochter Marianne Binder-Keller den Kanton Aargau in der kleinen Kammer. Der bekannte Jurist aus Baden blickt auf ein ereignisreiches Jahrhundert zurück.

Mit wachem Blick nahm Julius Binder im Rollstuhl sitzend am 19. November 2023 an der Wahlfeier von Marianne Binder-Keller teil. Seine Schwiegertochter wurde im zweiten Wahlgang zur Ständerätin gewählt. Heute steht der ehemalige Ständerat und herausragende Politiker in Baden selbst im Zentrum von Feierlichkeiten. Vor 100 Jahren, am 12. Februar 1925, erblickte Julius Binder das Licht der Welt.

Der Jubilar wuchs als viertes von sieben Kindern in einer Kleinbauernfamilie in Baldingen im Bezirk Zurzach auf. Sein Vater verstarb früh und die Mutter führte den Landwirtschaftsbetrieb mit den Kindern weiter. Viele Frauen im katholischen Baldingen erwarteten, dass der belesene Julius Binder Theologie studiert. Doch er entschied sich für die Jurisprudenz und trat der katholisch-konservativen Volkspartei bei, wie die spätere CVP und heutige Mitte-Partei damals hiess. 1953 gründete Julius Binder eine Anwaltskanzlei in Baden.

Über die Schul- und Kirchenpflege begann Binders beachtliches Engagement für die Gesellschaft. Im Stadtrat war er Vizeammann, auf Kantonsebene Grossrat sowie erster Präsident des aargauischen Verfassungsrats. Die bäuerliche Herkunft prägte seine politische Arbeit. Für landwirtschaftliche Anliegen – auch wenn sie übertrieben waren – brachte er immer ein gewisses Verständnis auf,erzählt Julius Binder 2010im Video «Baldingen: Geschichten und Lebenslinien im Spiegel der Zeit».

Er brachte verschiedene Meinungen zusammen

Von 1963 bis 1975 politisierte der Anwalt im Nationalrat. Bereits 1964 reichte er eine Motion ein, mit der er einen Umweltschutzartikel in der Bundesverfassung forderte. Sieben Jahre später nahmen Volk und Stände den Artikel mit rekordverdächtiger Mehrheit an. Daraufhin habe der Bund ein Amt für Umweltschutz eingerichtet, aber allzu viel sei nicht passiert, so Binder. «Jetzt ist der Umwelt- und Klimaschutz aus meiner Sicht das wichtigste politische Thema», lautet seine Bilanz im Video. Viel Geduld brauchte er bis zum UNO-Beitritt: Julius Binder lancierte schon 1969 eine entsprechende Motion, die Schweiz trat jedoch erst 2002 der Organisation der Vereinten Nationen bei.

In seiner langen Karriere schaffte es der Aargauer immer wieder, unterschiedlich denkende Menschen für eine gemeinsame Lösung zu gewinnen. Auch bei der Fusion von Katholisch-Konservativen und Christlich-Sozialen zur CVP im Jahr 1971 spielte der «verbindende Binder» eine wichtige Rolle.

Nach einer vierjährigen Pause in der Bundespolitik wurde Julius Binder zum Ständerat gewählt.Er gehörte der kleinen Kammer von 1979 bis 1987 an. In diesem Amt wäre er 1982 beinahe Bundesrat geworden: Er unterlag aber, wegen einer Innerschweizer Intrige, dem Luzerner Alphons Egli.

Als Student feierte er das Kriegsende ausgiebig

Der Jubilar blickt auf ein ereignisreiches Jahrhundert zurück. Gut zwei Wochen nach Julius Binders Geburt, am 27. Februar 1925, verkündete Adolf Hitler in München die Neugründung der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP). Dem «Führer» gelang es nach der Aufhebung des Parteiverbots, die meisten nationalsozialistischen Gruppierungen in die Partei zurückzuführen. Hitler bekannte sich zum Kampf gegen die Demokratie.

Der Aufstieg der NSDAP und die Kriegsjahre stellten für die Schweiz eine grosse Bedrohung dar. Das Ende des Zweiten Weltkriegs war für Julius Binder 1945 ein «ganz besonderes Ereignis». Für den damals 20-Jährigen, der an den Universitäten Lausanne und Bern Recht studierte, war das Kriegsende Grund genug, drei Tage lang ausgiebig zu feiern.

Julius Binder war von 1953 bis zu ihrem Tod mit Cécile Keller (1926–2017) verheiratet.
Bild: Alex Spichale

«Heute ist mein Vater mit sich und der Welt total zufrieden», sagt Sohn Andreas Binder. Dank privater Pflege kann Julius Binder, dessen Ehefrau Cécile 2017 verstarb, weiterhin in seiner geliebten Wohnung an der Hirschlistrasse im Badener Stadtzentrum wohnen. Noch immer interessiert sich der Jurist für den Geschäftsgang in der von ihm gegründeten Anwaltskanzlei, die inzwischen nach Zürich expandiert ist. Die Zeitungslektüre hat ebenfalls einen hohen Stellenwert in seinem Alltag. Seinen 100. Geburtstag feiert Julius Binder im Kreis seiner Kinder, Enkel und Urenkel.