Bern und Jura stimmen dem Kantonswechsel von Moutier zu – Ein Ergebnis fällt dabei überraschend tief aus
Das Verdikt ist eindeutig: 86,7 Prozent der Stimmbevölkerung im Kanton Bern haben am Sonntag dem Wechsel des Städtchens Moutier zum Kanton Jura zugestimmt. Die Jurassierinnen und Jurassier hiessen die Bürger Moutiers zeitgleich aber nur mit 72,9 Prozent in ihrem Kanton willkommen. Das teilen die beiden Kantone am Sonntag mit.
Immerhin haben alle jurassischen Gemeinden am Sonntag dem Kantonswechsel Moutiers zugestimmt. Und auch im 7200-Seelen-Städtchen selbst haben die Stimmberechtigten dem Vertragswerk zum Kantonswechsel mit 1567 Ja-Stimmen respektive 56,2 Prozent zugestimmt.
Damit ist der seit Jahrzehnten schwelende Jurakonflikt für den Bundesrat offiziell bald beigelegt. Laut dem sogenannten Moutierkonkordat, das die beiden Kantone im Vorfeld unter Vermittlung des Bundes erarbeitet haben, wird Moutier am 1. Januar 2026 zum Jura wechseln. Dann, so schreibt der Bundesrat auf seiner Website zur Jurafrage, sei diese «endgültig gelöst».
Der einzige nennenswerte Widerstand im Bernbiet gegen einen Kantonswechsel kam von der SVP. Die wählerstärkste Partei kritisiert, der Jurakonflikt sei mit dem Wechsel Moutiers nicht definitiv gelöst. Separatisten würden immer einen Grund finden, ihren Freiheitskampf weiter zu führen und damit weitere Gebietsansprüche zu stellen. Angesichts der deutlichen Zustimmung ist die SVP mit ihrer Argumentation nun allerdings offenbar nicht einmal bei ihrer Basis durchgedrungen.
In der Tat haben sich die Parteien bei der Aushandlung des Moutierkonkordats lediglich auf die Formulierung geeinigt, der Jurakonflikt sei mit der jüngsten Serie von Volksabstimmungen auf institutioneller Ebene abgeschlossen. Das Vertragswerk regelt darüber hinaus alle möglichen Fragen zum Kantonswechsel wie Anteile an der Berner Kantonalbank, dem Berner Bahnunternehmen BLS oder wem während dem Wechsel die Gelder aus dem Eidgenössischen Finanzausgleich zukommen.
Im Jura waren im Vorfeld der Abstimmung vom Sonntag bloss vereinzelt kritische Stimmen zu hören. Sie befürchten, das finanziell eher schwache Moutier werde den ohnehin klammen Kanton über Gebühr belasten.
Dass das Thema Jurakonflikt inzwischen weniger polarisiert als noch vor Jahren, davon zeugt nebst den deutlichen Ergebnissen aus die Stimmbeteiligung. Im Kanton Bern lag diese am Sonntag bei 42,6 Prozent. Im Kanton Jura gingen für das Ja zum Kantonswechsel immerhin noch 50,4 Prozent der Stimmbürgerinnen und -bürger an die Urnen.
Späte Korrektur der Neuordnung nach Napoleon
Im Kern geht der Jurakonflikt auf den Wiener Kongress 1815 zurück. Nach dem Ende der Herrschaft Napoleons wurde der Jura Teil der Schweiz: Dabei wurde das alte Fürstbistum Basel als Kompensation für den Verlust der Waadt und von Teilen des Aargaus Bern zugeschlagen wurde. Erst 1978 stimmten das Schweizer Volk (mit 82,3 Prozent) und alle Stände der Schaffung des Kantons Jura zu. Mehrere Bezirke des Südjuras verblieben damals jedoch bei Bern.
Die Gemeinde Moutier stimmte 2021 für den Kantonswechsel. Zuvor war die 2017 erfolgte Abstimmung, die ebenfalls für einen Wechsel ausging, von den bernischen Behörden jedoch annulliert worden. Das aufgrund von Unregelmässigkeiten. Der wirklich letzte Schritt zur Beilegung des Jurakonflikts wird allerdings im Bundeshaus fallen. Dass nach der Zustimmung der bernischen und der jurassischen Stimmbevölkerung auch das Bundesparlament noch seinen Segen zum Kantonswechsel Moutiers gibt, dürfte jedoch Formsache sein.