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Verdienen die Friedensrichter im Aargau zu wenig? Regierung muss Bericht vorlegen

Schon seit Monaten haben die Friedensrichterinnen und -richter mit Softwareproblemen zu kämpfen. Die Justizleitung hat Abhilfe versprochen – doch auch aus der Politik kommen Forderungen. So kritisiert Mitte-Co-Präsidentin Karin Koch Wick, das Amt werde im Vergleich mit umliegenden Kantonen schlecht entschädigt.

«Es traten massive Mängel auf, an den Schlichtungsverhandlungen konnten Fälle nicht mehr erledigt werden.» Das sagte Patrik Schibli, IT-Verantwortlicher des kantonalen Friedensrichter-Verbandes, zu den Problemen mit Easy Case. Mit dieser Software arbeiten die Friedensrichterinnen und -richter, die Schwierigkeiten bestehen laut Schibli bis heute und sind nicht behoben.

Jacqueline Keller, Sprecherin der Aargauer Gerichte, räumte gegenüber der AZ ein, dass es letztes Jahr beim Wechsel auf Windows 11 tatsächlich zu einigen «Bugs» gekommen sei. Anpassungen würden zurzeit vom Anbieter vorgenommen – Tatsache ist aber: Easy Case wird nur noch bis Ende Jahr unterstützt, ein Nachfolgeprogramm ist noch nicht verfügbar.

Karin Koch Wick, Grossrätin und Co-Präsidentin der Mitte Aargau, befasste sich schon vor drei Jahren mit dem Friedensrichterwesen. Sie wollte vom Regierungsrat wissen, wie viele Fälle pro Person und Jahr behandelt werden, wie gross der zeitliche Aufwand ist und wie die Entschädigung ausfällt. Zudem fragte Koch Wick, wie lange Friedensrichter im Amt bleiben, ob frei werdende Posten nahtlos besetzt werden können und wie die Aus- und Weiterbildung geregelt ist.

Friedensrichter verdienen im Aargau relativ wenig

Aus der Antwort der Regierung ging hervor, dass die Zahl der behandelten Fälle sehr unterschiedlich ist und der Zeitaufwand in Stunden nicht erfasst wird. Der Vergleich mit umliegenden Kantonen zeigte, dass die Aargauer Friedensrichter relativ schlecht bezahlt werden. Sie erhalten eine Jahresentschädigung von 700 Franken, dazu 120 bis 300 Franken sowie eine Auslagenpauschale von 60 Franken pro Fall.

In Basel-Land liegt die Jahresentschädigung bei 1000 Franken, pro Fall werden 200 bis 400 Franken vergütet. Noch höher sind die Ansätze in Zug, dort gibt es jährlich 1000 bis 3500 Franken, dazu 150 bis 600 Franken sowie eine Auslagenpauschale von 40 Franken pro Fall. In den Kantonen Solothurn und Zürich werden Friedensrichter gemäss Reglementen der Gemeinden entschädigt, hier liefert die Regierung keine genauen Zahlen.

Oft gibt es Kampfwahlen um Friedensrichter-Sitze

Durchschnittlich sind Friedensrichter im Aargau rund dreizehn Jahre im Amt, die meisten Rücktritte erfolgen wegen der Altersgrenze von 70 Jahren oder Wohnsitzwechsel. Die Amtsträger konnten meist nahtlos ersetzt werden, oft fanden Kampfwahlen um freie Posten statt. Zuletzt war dies am 9. Februar für den Kreis XI des Bezirks Lenzburg (Ammerswil, Brunegg, Dintikon, Hendschiken, Holderbank, Lenzburg, Möriken-Wildegg, Niederlenz, Othmarsingen) der Fall. Gewählt wurde Caroline Moekotte Röllin (parteilos), das Nachsehen hatte Pascal von Däniken (SVP).

Weniger positiv fielen aus Sicht von Karin Koch Wick die Antworten auf ihre weiteren Fragen aus – sie legte deshalb mit einem weiteren Vorstoss nach. Die Grossrätin hielt fest, das Friedensrichterwesen im Aargau sei nur marginal gesetzlich geregelt, Regierungsrat und Justizleitung hätten kaum Informationen zur konkreten Situation vor Ort, während sich die «Amtsträgerinnen und Amtsträger primär selbst organisieren, informieren, weiterbilden und gegenseitig helfen».

Forderung gegen Willen der Regierung überwiesen

Angesichts dieser Umstände erscheint es für die Mitte-Politikerin «fast als glücklicher Zufall, dass sich das Friedensrichterwesen bis anhin derart erfolgreich selbst regulieren und etablieren konnte», wie sie in ihrem Postulat schrieb. Offensichtlich habe es die Bevölkerung meist verstanden, «die richtigen und motiviertesten Laien in dieses wichtige Amt zu wählen». Koch Wick forderte von der Regierung deshalb einen Bericht, der mögliche Verbesserungen aufzeigt.

Dabei geht es um gesetzliche Anpassungen, verbindliche Mindeststandards für Aus- und Weiterbildung der Friedensrichter sowie Unterstützung durch die Bezirksgerichte. Weiter will die Grossrätin wissen, wie eine «im Vergleich zu den Nachbarkantonen angemessene Entschädigung eingeführt und längerfristig garantiert werden könne». Der Regierungsrat lehnte den Vorstoss ab, das Kantonsparlament überwies ihn jedoch im Frühling 2023 mit 70 gegen 63 Stimmen. Bis zum 25. April dieses Jahres muss die Regierung nun den entsprechenden Bericht vorlegen.