Wer hat’s erfunden? Russische Firma klagt Aargauer Zältli-Hersteller wegen Plagiatsvorwürfen ein
In der sonst süssen Welt der Kräuterbonbons gibt es ab und zu auch Saures: Das erlebte jüngst ein Aargauer Hersteller. Ein Urteil des Handelsgerichtes schildert einen Rechtsstreit, der nach jahrelanger Zusammenarbeit mit einem russischen Unternehmen ausgebrochen ist.
Im Zentrum des Streites steht eine Marke von Kräuterbonbons. Der Aargauer Hersteller produziert ein Zältli, dessen Marke einer anderen Firma gehört (unterdessen einer österreichischen Gruppe), für den Schweizer Markt. Die russische Firma vertreibt das Zältli für den russischen Markt.
Die Konkurrenz schwächen
Im Jahr 2011 kommen der russische Generaldirektor und ein Mitarbeiter des Aargauer Herstellers anlässlich der internationalen Süsswarenmesse in Köln in Kontakt. Beim gegenseitigen Austausch entsteht die Idee, ein Konkurrenzprodukt zum oben erwähnten Kräuterbonbon herzustellen. Die Aargauer würden es herstellen, die Russen ausserhalb der Schweiz vertreiben. Es wird auch eine Zusammenarbeit für weitere Konkurrenzprodukte erwogen.
In einem Mail hält der Aargauer fest, dass er ein leicht verändertes Rezept verwenden würde. Solange das Produkt ausserhalb der Schweiz und mit einer anderen Marke und Erscheinungsbild vertrieben werde, sei das Ganze rechtlich unanfechtbar.
Ein Vertrag wird im August 2013 abgeschlossen. Im Jahr 2016 bestellt die russische Firma zum ersten Mal die besagten abgeänderten Kräuterbonbons.
Verdacht auf Plagiat kommt auf
Hier schaltet sich jedoch die Firma ein, die das ursprüngliche Produkt besitzt und warnt, dass Rezept, Erscheinung und Markenname ein Plagiat darstelle. Gemäss dem Aargauer Hersteller hat die Firma danach eine einstweilige Verfügung beantragt, die die Produktion des Plagiat-verdächtigen Zältli verbietet. Der Streit zwischen den beiden Vertragspartnern beginnt: Die Russen beanstanden, dass die Aargauer Firma zugesichert hätte, das Bonbon herstellen zu dürfen. Anhand dieses Versprechen hätten sie Personal angestellt, Verträge abgeschlossen und umgerechnet 300’000 Euro ausgegeben.
Die Aargauer entgegnen, dass das Plagiat aufgrund des russischen Marketingkonzeptes entstanden sei. Das Risiko eines Reputationsschaden wolle man nicht eingehen. Nach mehreren Emails und einem weiteren Treffen an der Süsswarenmesse in Köln im Jahr 2017 scheitern die Versuche, sich auf eine Zusammenarbeit zu einigen, zumal der russische Vertreiber sein Marketingkonzept zwar anpasst, aber immer noch nicht die Ansprüche des ursprünglichen Markenbesitzers zufriedenstellt.
Im 2020 entscheidet sich die russische Firma, rechtliche Schritte vorzunehmen. Das Aargauer Unternehmen sei verantwortlich für die Kosten, die das misslungene Unterfangen ausgelöst habe, hält sie in einer Klage am Aargauer Handelsgericht fest. Es schulde ihr nun 766’339,05 Euro. Die Richter werden jedoch gar nie auf den Sachverhalt eingehen – denn die Klage kommt zu spät. Die allfällige Schuld der Aargauer Zältli-Firma sei nämlich verjährt. Vielleicht ist das Leben also doch ein Zuckerschlecken – für die Aargauer zumindest.