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Streit um F-35: Störrischer Bundesrat um Viola Amherd will auch künftig keine Referenzen bei Rüstungsdeals einholen

Die Landesregierung publiziert ihre Stellungnahme zum kritischen Kampfjet-Bericht der Oberaufsicht ‒ und stichelt kräftig zurück.

Es ist eine Art Nachbeben zum heiss umstrittenen Entscheid des Bundesrats für den amerikanischen F-35-Kampfjet. Im September kritisierte die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Nationalrats unter Prisca Birrer-Heimo (SP) und Subkommissionspräsident Nicolo Paganini (Die Mitte) in diverser Hinsicht die Art und Weise, wie das Verteidigungsdepartement (VBS) unter Viola Amherd die Entscheidfindung gemanagt hatte. Diese habe den Bundesrat zu spät darüber informiert, dass der F-35 die Evaluation klar gewinne. So hätten etwas das Aussen- und das Finanzdepartement mit Ländern wie Frankreich weiter über politische Deals verhandelt, obwohl der Mist längst gekarrt war.

In seiner Stellungnahme zum Bericht seiner Oberaufsicht zahlt der Bundesrat nun mit ähnlicher Münze zurück. So «bedauert» er, dass Teile des GPK-Berichts vorzeitig an Medien gelangt seien. Solche Indiskretionen schadeten «dem laufenden Beschaffungsvorhaben als auch den Institutionen», belehrt und tadelt die Landesregierung ihre Aufseher.

Fast alles richtig gemacht? Bundesrätin und Verteidigungsministerin Viola Amherd. 
Anthony Anex / KEYSTONE

Auch inhaltlich bockt der Bundesrat weitgehend. Er stimmt Empfehlungen der GPK zwar meist zu, teilt aber gleichzeitig mit, dass diese bereits erfüllt seien. So hatten die Aufseher angemahnt, dass der Bundesrat seinen Handlungsspielraum bei grossen Rüstungsbeschaffungen erhalten und dass er aussenpolitische Aspekte frühzeitig einbeziehen solle. Diese Empfehlungen seien bereits erfüllt, so die Regierung, wie auch eine weitere, die die Verbesserung der Koordination und Kommunikation anvisierte.

Einen zentralen Vorschlag seiner Oberaufsicht lehnte der Bundesrat dagegen ab: Dass er künftig bei Grossbeschaffungen Referenzen einholen soll, welche Erfahrungen andere Länder mit einem bestimmten System machen. Das brächte «keinen Mehrwert» und berge die Gefahr, dass «unterschiedlich eingebettete Systeme miteinander verglichen» würden.

Andere Länder erlebten teilweise böse Überraschungen mit dem F-35, so wegen grossen Mehrkosten.

Sie finde es «irritierend und fahrlässig, wenn der Bundesrat sich weiterhin derart weigert, Referenzen aus anderen Ländern einzuholen», sagt dazu SP-Sicherheitspolitikerin Priska Seiler Graf. «In allen Bereichen holt man zurecht die entsprechenden Referenzen ein, und ausgerechnet bei diesem teuren Kampfjet-Kauf soll das nicht gut möglich sein.»

Nur in einem Punkt gibt die Regierung der Oberaufsicht recht: Die Durchführung der Abschlussgespräche mit den unterlegenen Bewerbern nach geschlagener Schlacht werde überdacht. Weil nach dem F-35-Entscheid viele Fragen aus Sicht der Unterlegenen offen blieben, sorgten die Treffen für ziemlich viel böses Blut. Künftig will man sie offenbar sein lassen.

Ende Juni 2021 hatte der Bundesrat entschieden, den US-Kampfjet F-35 zu kaufen: 36 Stück für gut 6 Milliarden Franken. Im Grund segnete die Regierung damit bloss das Resultat des vom Bundesamt für Rüstung Armasuisse durchgeführten Evaluationsverfahrens ab, dessen Resultat bereits Mitte März 2021 feststand. Für politische Überlegungen, etwa ob ein europäischer Jet den Vorzug erhalten sollten, gab es keinen Raum.