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Kaminfeger Hochuli: «Im Grossen und Ganzen ist der Beruf sauberer und technischer geworden»

Kaminfeger verhüten Brände und sorgen so für Sicherheit. Deshalb gelten sie als Glücksbringer. Auch wenn sich das Berufsbild mit dem zunehmenden Verzicht auf fossile Brennstoffe gewandelt hat. Im Gespräch mit dem Aarburger Kaminfegermeister Stefan Hochuli.

Neues Jahr, neues Glück. Da darf natürlich der Kaminfeger nicht fehlen. Seit eh und je ist der «schwarze Mann» mehr als nur ein Handwerker, er gilt als Symbol für Glück und Zuversicht. «Das kann man auch heute noch so sagen», bestätigt der Aarburger Kaminfegermeister Stefan Hochuli, die meisten Menschen freuen sich, wenn sie einem Kaminfeger begegnen. Und es gebe immer wieder Situationen, in denen Leute einen Kaminfeger am Kleid berühren, um so das Glück abzuholen.

Es gibt verschiedene Versionen, wie die Kaminfeger zu ihrem Ruf als Glücksbringer gekommen sein sollen. Etwa jene, dass sie früher den Kunden an Neujahr die Abrechnung vorbeigebracht hätten – begleitet von Glückwünschen auf einer Karte. Überzeugender scheint eine andere Erklärung zu sein. «In Zeiten, als mit Holz gefeuert wurde und die Dächer noch mit Stroh gedeckt wurden, war die regelmässige Reinigung von Kaminen überlebenswichtig, um Brände und Rauchvergiftungen zu verhindern», erläutert der 54-jährige Kaminfegermeister.

Der Aarburger Stadtbrand vom 3. Mai 1840, bei dem innerhalb von wenigen Stunden 33 Gebäude und die Stadtkirche zerstört wurden, ist nur eines von vielen schrecklichen Beispielen. Indem der Kaminfeger die entzündlichen teerartigen Ablagerungen – in übertragenem Sinn das Pech – aus den Kaminen entfernte, brachte er Glück, Schutz und Sicherheit in die Häuser. Weil die Kaminfeger mit ihrer Arbeit viele Feuersbrünste verhinderten, wurden sie durch die Obrigkeit in gewissem Sinn geadelt. Als einzigen Handwerkern war es ihnen nämlich gestattet, einen schwarzen Zylinderhut zu tragen. «Wobei der Zylinderhut heute nicht mehr bei der Arbeit, allenfalls noch bei einem besonderen Anlass zum Einsatz kommt», wie Stefan Hochuli schmunzelnd betont. Was bis heute geblieben ist: Kaminfeger verhüten Brände, helfen Energie sparen und schützen die Umwelt, indem sie in der Schweiz jährlich rund 500 000 Tonnen CO2-Ausstoss einsparen.

In zweiter Generation

Zu seinem Beruf ist Hochuli durch seinen Vater Gustav gekommen, der am 1. Juli 1969 in Bad Schinznach zum Kaminfegermeister gewählt wurde und im April 1976 nach Aarburg wechselte. «Ich wusste schon ganz früh, dass ich den Beruf des Vaters ergreifen werde», sagt Stefan Hochuli.

Schon als «Schulbueb» sei er häufig mit dem Vater unterwegs gewesen. Er erinnert sich insbesondere an seine «Einsätze» bei der Ofenreinigung in der Rivella, wo er jeweils die Steine aus dem Ofen herausgeholt habe. «Weil ein Erwachsener den Einstieg in den Ofen durch das enge Eingangsloch nur mit Mühe geschafft hätte.»

2002 übernahm Stefan Hochuli das Geschäft seines Vaters in zweiter Generation. Mit dem Geschäft übernahm Stefan Hochuli auch die Konzessionen für die Gemeinden Aarburg, Rothrist und Murgenthal, später kam auch Oftringen dazu. Bis Ende 2021 blieb das mit der Konzession erteilte Monopol für Kaminfegerarbeiten und Feuerungskontrolle bestehen, auf den 1. Januar 2022 wurde es schliesslich auch im Kanton Aargau abgeschafft. «Ich war schon immer der Überzeugung, dass es Konzessionen in der heutigen Zeit nicht mehr braucht», blickt Hochuli auf die Zeit des Übergangs zurück. Trotzdem sei er damals gespannt gewesen, wie sich die freie Kaminfegerwahl auswirken würde.

Berufsbild hat sich ­gewandelt

«Mit der Liberalisierung sind auch für den Kaminfeger viele neue Türchen aufgegangen», meint der Aarburger Kaminfegermeister. Hochuli selber hat sich mit einem klaren Plan auf die Marktöffnung vor­bereitet. «Ich habe bereits 2020 beschlossen, dass ich mich im Markt der Wärmepumpen bewegen wollte», führt er aus, ­andere Kaminfeger hätten ihre Geschäftsbereiche auf die Reinigung von Solarpaneelen auf Dächern oder die Reinigung von Komfortlüftungen erweitert. Dazu hat Hochuli eine Weiterbildung als Kältetechniker absolviert und sich anschliessend bei einem Wärmepumpen-Hersteller als Servicepartner beworben. Seine Bewerbung wurde positiv beantwortet, die Zusammenarbeit entwickelte sich zu einer Erfolgsgeschichte. Nahm der Aarburger Servicepartner 2022 die Wartung von etwa 50 Wärmepumpen vor, so waren es 2024 bereits 720. «Dank des Einstiegs in den Wärmepumpen-Markt konnten wir den Personalbestand um rund 120 Stellenprozente aufstocken», betont Hochuli, dessen Unternehmen aktuell sechs Mitarbeitende beschäftigt – bei der Geschäftsübernahme von seinem Vater waren es erst drei gewesen. Mit dem Wachstum des Betriebs ist auch der administrative Aufwand gewachsen. Trotzdem ist Stefan Hochuli nach wie vor – mit einem Pensum von rund 40 bis 50 Prozent – aktiv als Kaminfeger oder Kältetechniker im Einsatz. «Die Freude am Beruf ist auch nach weit über 30 Berufsjahren immer noch da», betont er.

Auch wenn sich das Berufsbild stark gewandelt hat. «Im Grossen und Ganzen ist der Beruf sauberer und technischer geworden», sagt Hochuli. Das Bild vom Kaminfeger mit russverschmiertem Gesicht, der auf die Hausdächer steige, gehöre wohl eher der Vergangenheit an. Der moderne Kaminfeger ist heute auch ein Servicetechniker und Energieberater. Trotzdem ist Hochuli überzeugt, dass es den traditionellen Kaminfeger noch längere Zeit brauchen wird, weil die fossilen Brennstoffe nicht so rasch verschwinden würden. Im Gegenteil: Er stellt fest, dass die hohen Energiepreise im vergangenen Jahr zu einem grösseren Einbruch im Markt der Wärmepumpen geführt haben.

Die Zahlen der Fachvereinigung Wärmepumpen Schweiz (FWS) belegen dies. Wurden 2023 in der Schweiz rund 43 000 Wärmepumpen verkauft, so waren es bis Ende September 2024 erst rund 23 000. Im Gegenzug sind viele Cheminée-Öfen installiert oder wieder in Betrieb genommen worden, deren Wartung wiederum zum traditionellen Aufgabenbereich des Kaminfegers gehört. «Da sind wir mit dem Unterhalt zeitweise kaum nachgekommen», sagt Hochuli.

Nachwuchs ist Mangelware

Ein vielseitiger und abwechslungsreicher Beruf mit sicherer Zukunft, guten Verdienst- und vielen Weiterbildungsmöglichkeiten. Da müssten Lernende doch Schlange stehen? «Fehlanzeige», winkt Stefan Hochuli ab. Er habe in den vergangenen 22 Jahren elf Lernende ausgebildet und würde das weiterhin gerne tun. «Ich habe seit zwei Jahren leider keine Jugendlichen mehr gefunden, welche sich für den Beruf interessieren würden», bedauert er.

Damit steht Hochuli bei weitem nicht allein da. Im Kanton Aargau haben 2024 nämlich gerade einmal zwei Kaminfeger ihre dreijährige Ausbildung abgeschlossen. Und dies, obwohl mittlerweile auch viele Frauen in der einstigen Männerdomäne tätig sind. Der Anteil der Kaminfegerinnen dürfte in der Branche rund ein Drittel betragen, meint Stefan Hochuli.