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Räumung des Munitionslagers: Nun entscheidet der Nationalrat über die Zukunft von Mitholz – bewilligt er den Milliarden-Kredit?

Seit über zwei Jahren ist klar: Das ehemalige Munitionslager in Mitholz soll vollständig geräumt werden. Noch fehlt allerdings die Zusicherung des Parlaments. Der Gemeindepräsident von Kandergrund warnt eindringlich vor einem Nein.

Im Vergleich mit den Garantien, die der Bund im Rahmen der CS-Rettung gesprochen hat, erscheint der Kredit für die Räumung des ehemaligen Munitionslagers in Mitholz (BE) geradezu mickrig. Und dennoch kommt es nicht alle Tage vor, dass das Parlament über einen Verpflichtungskredit in der Höhe von knapp 2,6 Milliarden Franken zu befinden hat. Mit diesem Geld sollen die vom Depot ausgehenden Risiken «endgültig beseitigt werden», heisst es in der Botschaft. In den eingestürzten Teilen der Anlage und im Schuttkegel davor liegen laut Schätzungen rund 3500 Tonnen Munition und Schrott.

Am kommenden Donnerstag entscheidet der Nationalrat über den Kredit. Dieser gliedert sich in zwei Tranchen. Mit der ersten Tranche in der Höhe von 1,09 Milliarden Franken sollen alle Massnahmen finanziert werden, die notwendig sind, um in der Folge die Räumung des Lagers durchführen zu können. Dazu zählt etwa die Verlegung der Nationalstrasse oder die Überdachung des Bahntrassees. Die zweite Tranche – 740 Millionen Franken – ist für die Räumung und die Entsorgung der Munitionsrückstände sowie die Instandsetzung des Geländes und die Wiederbesiedlung von Mitholz vorgesehen.

Weil das Projekt gemäss Planung erst 2045 abgeschlossen sein dürfte, enthält der Verpflichtungskredit zusätzliche Reserven für allfällige Zeitverzögerungen sowie die erwartete Teuerung. Sie belaufen sich auf 760 Millionen Franken.

«Es gibt keinen Plan B»

Adrian Goetschi ist als Projektleiter beim Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) verantwortlich für die Räumung des 1947 explodierten Munitionslagers. Im Gespräch erklärt er, dass es bei einem Nein zum Milliardenkredit «keinen Plan B» gebe. «Wir müssten die Situation in diesem Fall neu beurteilen. Grundsätzlich ist es aber so, dass eine Sanierungspflicht besteht, da die Risiken nicht akzeptabel sind.» Daher habe der Bundesrat bereits 2020 beschlossen, dass das Munitionslager geräumt werden müsse.

Da bei der Explosion 1947 auch Munition über weite Teile des Dorfes verstreut wurde, sind grosse Teile der Böden mit Schwermetallen aus Munitionsresten belastet. Dabei handelt es sich vor allem um Zink, Blei, Antimon und Quecksilber. All diese Rückstände sollen im Rahmen der Räumung des Munitionsdepots beseitigt werden. Dafür werden die Flächen mit Detektoren oder Drohnen abgesucht. Zum Einsatz komme dabei auch das Kommando KAMIR der Armee. Es ist spezialisiert auf die Kampfmittelbeseitigung und Minenräumung.

Eindringlich vor einer Ablehnung des Kredits warnt auch Roman Lanz, der Gemeindepräsident von Kandergrund: «Das wäre eine nicht auszuhaltende Situation für die Betroffenen. Es würde einen nicht zu kittenden Kollateralschaden auslösen, sicher auch politisch.» Er verweist darauf, dass bereits die vorübergehende Sistierung des Projektes auf Antrag der nationalrätlichen Sicherheitskommission zu grosser Verunsicherung geführt habe im Dorf. Dabei sei ein «immens grosser Vertrauensverlust entstanden, der sehr viel Spielraum für Spekulationen» geboten habe.

Dennoch bleibt Lanz zuversichtlich: Er persönlich sei «verhalten optimistisch». Er könne sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass der Nationalrat noch einmal eine 180-Grad-Drehung machen werde.

Eine Strasse in Mitholz nach der Explosion 1947. Neun Menschen kamen ums Leben.
Bild: VBS

20 Häuser von Umsiedlung betroffen

Tatsächlich ist trotz einzelner kritischer Stimmen davon auszugehen, dass der Nationalrat dem Projekt am Donnerstag seinen Segen erteilt. Darauf deutet auch der klare Entscheid in der vorberatenden Kommission hin. In trockenen Tüchern ist der Kredit damit aber noch nicht. Erst, wenn auch der Ständerat diesem zugestimmt hat, kann das VBS mit den Arbeiten vor Ort beginnen. Geplant ist, dass in einem ersten Schritt der verschüttete Bahnstollen temporär verfüllt wird, um die Explosionsgefahr zu reduzieren. Gleichzeitig sollen die Zugänge und Notausgänge mit Pfropfen und einem Hochdrucktor verschlossen werden.

Bis Ende 2025 müssen erste Bewohner in unmittelbarer Nähe zum Lager ihre Häuser verlassen. Denn ab 2026 sollen die Bauarbeiten für den Schutz von Schiene und Strasse starten. Konkret wird dann die Strasse neu geführt und mit einem Schutztunnel überdacht. Die Bahnstrecke will der Bund im gefährdeten Bereich mit einer Stahlbetongalerie schützen. So soll sichergestellt werden, dass die Verkehrswege während der gesamten Projektdauer befahrbar bleiben.

Bis Ende 2030 müssen alle der total 20 betroffenen Wohnhäuser leer sein. Der Bund kauft diese Häuser auf, bis anhin seien bereits fünf Liegenschaften übernommen worden, erklärt Projektleiter Adrian Goetschi. Dann beginnt die eigentliche Räumung.