
Nicht mehr «durchregieren» wie in der Coronapandemie? Grosser Rat fordert mehr Mitspracherecht in Notlagen
Während der Coronakrise entschied der Aargauer Regierungsrat oft selber, das Kantonsparlament konnte in vielen Fällen gar nicht oder erst nachträglich eingreifen. Das stiess den Freisinnigen sauer auf: Mitten in der Pandemie, am 12. Mai 2020, reichte die FDP-Fraktion im Grossen Rat die Forderung ein, das kantonale Notrecht sei zu revidieren. Die Forderungen: Der Notstand solle breiter definiert werden, und die rechtzeitige Mitwirkung des Parlaments müsse sichergestellt sein.
Die Regierung legte zwar einen Bericht vor, lehnte mehr Mitsprache des Parlaments in Notlagen jedoch ab. Dies würde die Entscheide verzögern und wäre nicht krisentauglich, so die Argumentation. Im Frühling 2024 wurde der Vorstoss der Freisinnigen im Grossen Rat als erledigt abgeschrieben – bereits zuvor war jedoch eine Subkommission unter Vorsitz von FDP-Grossrat Lukas Pfisterer eingesetzt worden. Diese sollte eine parlamentarische Initiative zur Revision des Notrechts erarbeiten.
Sonderverordnungen nachträglich genehmigen
Der Grosse Rat unterstützte diese Initiative im Herbst 2024 und wies sie der Kommission für allgemeine Verwaltung zur Behandlung zu. Diese hat das Geschäft zweimal beraten, nun liegt ein Vorschlag auf dem Tisch, wie der Kommunikationsdienst des Kantonsparlaments am Freitag mitteilte. Demnach soll die Regierung verpflichtet werden, Sonderverordnungen nachträglich zur Genehmigung vorzulegen und dem Grossen Rat in Krisenzeiten verbindliche Informationsrechte einzuräumen.
Dafür ist eine Verfassungsänderung notwendig, zudem soll der Prozess zur nachträglichen Genehmigung im Geschäftsverkehrsgesetz verankert werden. Die rasche Handlungsfähigkeit des Regierungsrats solle auch mit den neuen Vorgaben für Notlagen erhalten bleiben, heisst es in der Mitteilung. Zudem wird vorgeschlagen, dass der Regierungsrat bei der Freigabe von dringenden Budgetmitteln künftig die Ermächtigung des Grossen Rats einholen muss – auch ausserhalb von Notstandslagen.
Die zuständige Kommission begrüsst es grossmehrheitlich, dass die Regelungen für Notstandslagen verschärft und die Zuständigkeiten klarer definiert werden. Sie findet es gemäss Mitteilung wichtig, dass der Grosse Rat so seine Aufsichtspflicht besser wahrnehmen kann. Eine Minderheit der Kommission befürchtet, dass durch die Änderungen unnötiger Bürokratismus generiert wird. Die öffentliche Anhörung zu den neuen Notstands-Regelungen beginnt am 25. April und dauert bis zum 25. August.(luk/fh)