Asterix verirrt sich nach China, aber den Chinesen ist das gar nicht so recht
Die Idee schien bestechend. Von einer chinesischen Prinzessin zu Hilfe geholt – der Ruf des Gallierdorfes ging schliesslich schon in der Antike um die Welt –, machen sich Asterix und Obelix auf ins Reich der Mitte. Dort wollen sie die Kaisermutter aus den Klauen eines bösen Verschwörers befreien. Ihr Weg ist gesäumt von Piraten und Caesars Legionären, was zu Kung-Fu-Keilereien führt und den kleinen Gallier zwingt, gegen seinen Vorsatz doch noch etwas Zaubertrank zu schlucken.
Zuvor hat er seinem Freund erklärt, man solle weniger Wildschwein essen. «Was denn sonst?» , fragt Obelix entgeistert. «Gemüse», sagt Asterix. «Gemüse?» «Gemüse.» «Gemüse?», fragt sogar Idefix. Enthalten ist dieser zeitlose Dialog in dem knapp zweistündigen Spielfilm «Asterix und Obelix im Reich der Mitte» – es ist der fünfte mit dem illustren Gallierduo. Wobei Obelix erstmals nicht von Gérard Depardieu gespielt wird, vermutlich, weil dieser immer mehr Rechtshändel am Hals hat.
Kommerzielle Absicht im Mittelpunkt
Zum ersten Mal auch ist der Plot nicht einer Comic-Vorlage entnommen. Weil die verwendbaren Schauplätze von 39 Alben langsam ausgenützt sind? Wohl eher, da sich China den schlauen Galliern als Markt geradezu anbot. Asterix hat bisher 390 Millionen Alben von Südamerika bis Russland verkauft, doch China ist für den Pariser Hausverlag Albert-René (Teil des Medienkonzerns Hachette) noch weitgehend ein weisser Fleck.
Daher wagt sich Asterix nun weiter in die weite Welt, als er dies in einem Comic jemals getan hatte. Die historische Glaubwürdigkeit mag leiden, doch die Absicht dürfte ohnehin eher kommerziell gewesen sein. Davon zeugt die Partnerschaft der Automarke Citroën, die in China heute nur 40’000 Modelle im Jahr verkauft. So rasen die Gallier im neuen Asterix-Film in einem an den legendären «Deux-Chevaux» (2CV) angelehnten Streitwagen Richtung Fernost.
Diese originelle Art von Produktplatzierung war wohl nötig, um den 65 Millionen Euro teuren Blockbuster mitzufinanzieren. Die meisten Szenen hätten vor Ort, also in China selbst, gedreht werden sollen. Regisseur Guillaume Canet – der in dem Film gleich auch Asterix spielt, obwohl er Obelix-Darsteller Gilles Lellouche fast überragt – reiste Ende 2019 sogar mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron nach Peking, um sich für die Drehlizenzen einzusetzen.
Doch dann brach die Pandemie über China herein. Die französischen Filmproduzenten hörten nichts mehr aus Peking. Ein Jahr später mussten sie sich dazu durchringen, die vielen Aussenszenen in der Auvergne zu drehen. Der ursprünglich für 2021 vorgesehene Filmstart wurde verschoben.
Erst mal kein Kinostart in China
Produzent Alain Attal erzählte dem Fachmagazin «So Film», dass Covid nicht der einzige Grund dafür gewesen sei. «Die Chinesen wollen alles kontrollieren. Dabei kennen sie Asterix nicht einmal. Die Zensur, die das Drehbuch abzusegnen hatte, konnte sich einfach nicht vorstellen, dass fremde Truppen wie diejenigen von Caesar in China einfallen könnten – obwohl es eine Komödie war, die zudem im Jahre 50 v. Chr. spielt.»
Asterix musste das chinesische Abenteuer deshalb ohne Mitwirkung Chinas durchziehen. Noch garstiger: Der Zugang zum chinesischen Markt ist geschlossen. Ein Vertreter der Vertriebsfirma Pathé bestätigte gegenüber dieser Zeitung, dass der «Asterix»-Film in chinesischen Kinos vorläufig gar nicht anlaufen werde. Schuld seien «Zensur- und Visaprobleme». Immerhin seien Verhandlungen am bevorstehenden Filmfestival in Cannes nicht ausgeschlossen. Zumal der Streaming-Anbieter Netflix den Film in sein Programm aufnehmen will.
Warten auf das neue Comic-Album
In Frankreich, wo die Superproduktion bereits im Februar angelaufen ist, hat sie immerhin 4,5 Millionen Eintritte verzeichnet. Trotz eines Staraufgebotes (Vincent Cassel, Marion Cotillard und das erste Mal in einer Kinorolle: Fussballstar Zlatan Ibrahimović) hagelte es aber negative, teils verheerende Kritiken. Viele Asterix-Fans erklären in den Foren, sie warteten lieber auf das nächste Asterix-Album.
«Die weisse Iris» soll im Oktober als 40. Band der Reihe erscheinen. Am Werk ist mit Fabrice Caro, kurz Fabcaro, ein neuer Texter. Nach dem Tod von Albert Uderzo, dem letzten Asterix-Pionier neben René Goscinny, schaut der neuen Machergeneration niemand mehr über die Schulter. Auf dem vorläufigen Titelblatt kratzt sich Asterix etwas verloren am Kopf. Vielleicht fragt er sich, ob er noch Lust hat, seine Abenteuerreihe endlos fortzusetzen.